Untersuchung der TU Darmstadt
Die Technische Universität Darmstadt hat im Auftrag des „Handelsblatts“ eine detaillierte Analyse durchgeführt, um die Auswirkungen einer Reduzierung der Erlöskappung aus der verpflichtenden Direktvermarktung zu bewerten. Besonders im Fokus stand die Betrachtung der Konsequenzen, die sich ergeben würden, wenn ab der ersten Stunde mit negativen Börsenstrompreisen keine Vergütung mehr gezahlt wird. Darüber hinaus wurde untersucht, welche Effekte die Senkung der Grenze für die verpflichtende Direktvermarktung von Photovoltaik-Anlagen von 100 auf 25 Kilowatt haben könnte.
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Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass die Forscher in der bloßen Abschaffung der Vergütung keinen signifikanten Anreiz sehen, in Speicherlösungen oder andere Flexibilitätsmaßnahmen zu investieren
Geplante Änderungen durch die Wachstumsinitiative der Bundesregierung
Im Rahmen der „Wachstumsinitiative“ plant die Bundesregierung umfassende Reformen im Bereich der Solarförderung. Eine zentrale Maßnahme sieht vor, dass für Photovoltaik-Anlagen, die in die verpflichtende Direktvermarktung fallen, ab der ersten Stunde mit negativen Strompreisen keine Vergütung mehr gezahlt wird.
Aktuell greift diese Regelung erst nach drei aufeinanderfolgenden Stunden negativer Preise, und die Einführung der Ein-Stunden-Regel war ursprünglich erst für das Jahr 2027 vorgesehen. Doch angesichts der zunehmenden Häufigkeit negativer Strompreise und der damit einhergehenden Belastungen für das EEG-Konto sieht sich die Bundesregierung gezwungen, diese Änderung vorzuziehen.
Analyse der Auswirkungen durch die TU Darmstadt
Christof Bauer, Professor an der Technischen Universität Darmstadt, hat im Auftrag des „Handelsblatts“ eine Kurzstudie verfasst, um die potenziellen Auswirkungen dieser geplanten Änderungen zu bewerten. Ein besonderer Schwerpunkt der Analyse lag darauf, zu ermitteln, inwieweit die Einführung der Ein-Stunden-Regelung sowie die Absenkung der Grenze für die verpflichtende Direktvermarktung von Photovoltaik-Anlagen von 100 auf 25 Kilowatt dazu beitragen könnten, den Anstieg der Kosten zu bremsen.
Die Untersuchung ergab, dass die Reduzierung der Zeitspanne auf eine Stunde nur eine marginale Auswirkung haben würde. Dies liegt daran, dass nur ein kleiner Prozentsatz, nämlich weniger als fünf Prozent, der negativen Strompreise unter diese kürzere Zeitspanne fällt. Bisher gilt der Förderstopp zudem nur für Anlagen mit einer Leistung von über 400 Kilowatt.
Auswirkungen auf den Leistungszuwachs und die Förderung
Die Untersuchung von Bauer zeigt weiter, dass eine Reduzierung der Pflicht zur Direktvermarktung auf Anlagen ab 25 Kilowatt zu einer deutlichen Veränderung beim Leistungszuwachs führen würde.
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Der Anteil des neu installierten Leistungszubaus, der von dieser Maßnahme betroffen wäre und bei negativen Strompreisen keine Förderung mehr erhalten würde, würde von derzeit 47 Prozent auf 61 Prozent ansteigen. Allerdings würden weiterhin etwa 39 Prozent der neu installierten Photovoltaik-Anlagen auch bei negativen Preisen eine Förderung erhalten. Dies zeigt, dass trotz der Absenkung der Grenze ein signifikanter Teil der Anlagen weiterhin von der Solarförderung profitieren würde, selbst unter den Bedingungen negativer Strompreise.
Unklarheiten im Maßnahmenpaket und Erweiterung der Analyse
Die Untersuchung weist jedoch auch auf Unklarheiten im vorliegenden Maßnahmenpaket hin. So bleibt offen, ob kleinere Anlagen weiterhin von der Förderung bei negativen Strompreisen ausgenommen bleiben. In der Kurzstudie der TU Darmstadt wurde ergänzend das Segment der Photovoltaikanlagen zwischen 7 und 25 Kilowatt Leistung betrachtet.
Sollte die geplante Regelung auch auf diese Anlagen ausgeweitet werden, würde dies dazu führen, dass nur noch etwa acht Prozent der Neuanlagen eine Förderung bei negativen Strompreisen erhalten würden. Diese Erweiterung würde das EEG-Konto zwar entlasten, hätte jedoch wahrscheinlich keine signifikante Verhaltensänderung bei den Betreibern dieser Anlagen zur Folge, da der Anreiz, auf negative Strompreise zu reagieren, nach wie vor fehlen würde.
Schlussfolgerungen und empfohlene Maßnahmen
In der abschließenden Bewertung kommt die Studie der TU Darmstadt zu dem Ergebnis, dass eine Ausweitung des Adressatenkreises zwar zu einer Entlastung des EEG-Kontos führen könnte, jedoch keine ausreichenden Anreize schafft, um das Verhalten der Anlagenbetreiber zu ändern.
Um eine tatsächliche Verhaltensänderung zu bewirken, schlagen die Forscher vor, die Einspeisung bei negativen Strompreisen entweder technisch zu unterbinden oder die Betreiber von Anlagen für die entstehenden Kosten durch den Verkauf des überschüssigen Stroms zusätzlich zu belasten. Solche Maßnahmen würden einen stärkeren Anreiz bieten, die Einspeisung in Zeiten negativer Preise zu vermeiden und stattdessen in alternative Nutzungsmöglichkeiten für überschüssigen Strom zu investieren, wie beispielsweise in stationäre Batteriespeicher, elektrische Warmwasserspeicher oder Ladegeräte für Elektrofahrzeuge.
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