Günstiger Strom für Elektroautos: Ad-hoc-Laden als Alternative zum teuren Roaming

Günstiger Strom für Elektroautos: Ad-hoc-Laden als Alternative zum teuren Roaming

Die aktuelle Debatte um die Ladeinfrastruktur zeigt, dass der schnelle Ausbau allein nicht ausreicht. Während Automobilverbände auf einen massiven Zubau drängen, betonen Experten, dass Ad-hoc-Laden ohne Vertragsbindung eine Schlüsselrolle spielen könnte. Die AFIR-Verordnung der EU könnte den Markt grundlegend verändern und das bisher teure Roaming-Modell in Frage stellen. Dies könnte zu einer neuen Dynamik im Markt führen, die sowohl für die Betreiber als auch für die Elektroauto-Nutzer von Bedeutung ist.

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von Harald M. Depta

Der Autor | Schreiberling | Experte. Seit über 10 Jahren in dem Bereich tätig. Ich bin Fachdozent und Referent, Projektplaner für E-Mobilität & PV, Kenner der Branche.

Ad-hoc-Laden: Ein Weg aus der Preisfalle an öffentlicher Ladeinfrastruktur?

Die derzeitige Situation an öffentlichen Ladesäulen stellt eine große Herausforderung für Elektroautofahrer dar. Hohe Strompreise und undurchsichtige Tarifstrukturen machen das Laden oft zu einem teuren und frustrierenden Erlebnis. Ein vielversprechender Lösungsansatz, der das Problem entschärfen könnte, ist das Ad-hoc-Laden, also das Laden ohne vertragliche Bindung. Diese Option könnte den bisherigen Missstand erheblich verbessern und neue Dynamiken im Markt schaffen.


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Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR), die durch die Einführung von Bezahlterminals an Ladesäulen einen Wandel einleiten wird

Die Herausforderung: Hohe Strompreise an öffentlichen Ladesäulen

Ein zentrales Problem, das derzeit viele Elektroautofahrer betrifft, sind die überhöhten Strompreise an öffentlichen Ladesäulen. Ein besonders aktuelles Beispiel bietet der ADAC e-charge Tarif, der kürzlich angepasst wurde. Der ADAC hat den Vertragspartner gewechselt und kooperiert nun mit Aral Pulse anstelle von EnBW.


Jährlicher Bestand mit Anteil an Schnellladepunkten


Ab dem 1. Oktober wird die Kilowattstunde (kWh) an Aral Pulse-Standorten pauschal 57 Cent kosten. An Ladepunkten anderer Anbieter, den sogenannten Charge Point Operators (CPOs), liegt der Preis sogar bei 75 Cent pro kWh. Diese Preise, die viele als Wucher empfinden, haben zu Protesten und einer Petition geführt, die auf die ungerechte Preispolitik aufmerksam macht.

Eine Lösung in Sicht: Günstigeres Ad-hoc-Laden

Ein Hoffnungsschimmer könnte durch die im Jahr 2025 erwarteten Veränderungen im Zuge der AFIR-Regelung entstehen. Diese Veränderungen könnten das heute oftmals teurere Ad-hoc-Laden zu einer günstigen Alternative zum gängigen Roaming-Modell machen, bei dem Elektroautofahrer einen Vertrag mit einem Anbieter abschließen, um an verschiedenen Standorten laden zu können.


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Das Ad-hoc-Laden, welches bisher eher als Notlösung galt, könnte somit zum Preisbrecher werden und die Roaming-Tarife deutlich unterbieten.

Das Auslaufmodell Roaming: Wie die aktuelle Marktstrategie Fahrer vom Elektroauto benachteiligt

Roaming, das ursprünglich als komfortable Lösung gedacht war, um mit nur einem Vertrag an jeder Ladesäule in Deutschland und Europa laden zu können, wird zunehmend zu einem Auslaufmodell. Die Grundidee war, dass ein Elektroautofahrer unabhängig von seinem Standort Strom tanken kann, ohne sich um verschiedene Anbieter kümmern zu müssen. Doch diese Vision hat sich in der Praxis kaum bewährt. Stattdessen haben die E-Mobility Provider (EMPs), die eigentlich vom Roaming profitieren sollten, begonnen, ihre Kunden mit hohen Grundgebühren an sich zu binden.

Beispiel EnBW: Hohe Grundgebühren und teure Tarife bei Fremdanbietern

Ein prominentes Beispiel ist der Anbieter EnBW, der in seinem Vielfahrertarif „L“ eine monatliche Grundgebühr von 17,99 Euro erhebt. Im Gegenzug zahlen die Kunden an den EnBW-eigenen Ladestationen nur 39 Cent pro kWh. Allerdings wird es deutlich teurer, wenn an Ladepunkten anderer CPOs geladen wird – hier können die Preise bis zu 89 Cent pro kWh betragen.


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Diese Preisstrategie führt dazu, dass Anbieter wie EnBW versuchen, ihre eigenen Ladestationen auszulasten und gleichzeitig Konkurrenten zu verdrängen. Die Leidtragenden dieser Strategie sind die Elektroautofahrer, die auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen sind und oftmals keinen Zugang zu günstigeren Alternativen haben.

Preistransparenz und Wettbewerb: Die Rolle der AFIR und die Gefahr der Oligopolbildung

Johannes Pallasch, ein Vertreter der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur, hat die Problematik der aktuellen Marktverhältnisse erkannt. Er fordert ein “Level Playing Field”, also gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer, um die Entstehung von Oligopolen zu verhindern. Ein solches Oligopol, bei dem wenige große Anbieter den Markt dominieren, könnte zu weiteren Preisanstiegen führen und den Wettbewerb erheblich einschränken. Die konsequente Umsetzung der AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) könnte hier für mehr Transparenz und faire Bedingungen sorgen, indem sie die Preise sowohl für Ad-hoc-Laden als auch für vertragsbasierte Ladungen transparenter macht.

Wie Preistransparenz den Markt verändern könnte

Die AFIR-Regelung zielt darauf ab, die Preisgestaltung für Endverbraucher durchschaubarer zu machen. Insbesondere im B2B-Geschäft orientieren sich viele Preisstrukturen an den Ad-hoc-Tarifen, die von einigen Charge Point Operators (CPOs) künstlich hochgehalten werden. Durch mehr Preistransparenz könnte der Wettbewerb wieder belebt werden, da die Kunden einfacher vergleichen und gegebenenfalls günstigere Angebote wählen können. Dies würde den Druck auf die Anbieter erhöhen, faire und wettbewerbsfähige Preise anzubieten.

AFIR und Kartenzahlung: Ein Schritt zu mehr Nutzerfreundlichkeit

Die Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR) der Europäischen Union könnte einen Paradigmenwechsel im Bereich der Ladeinfrastruktur einleiten. Ab dem 13. April 2024 müssen alle neu errichteten DC-Ladestandorte mit einer Leistung von mindestens 50 kW ein Bezahlterminal haben, das Kartenzahlung ermöglicht.


Fachseminare, Zertifikatskurse, Webinare


Dies gilt ab dem 1. Januar 2027 auch für Bestandsladesäulen entlang der wichtigsten europäischen Verkehrsrouten (TEN-V). Bei AC-Ladesäulen genügt hingegen ein verpflichtender QR-Code zur Freischaltung. Diese neuen Regelungen könnten das Ad-hoc-Laden, das bisher häufig als teure Notlösung galt, zu einer attraktiven Alternative machen.

Vorteile für den Nutzer: Einfachere Bezahlung ohne Vertrag

Für Elektroautofahrer bedeutet die Einführung der Kartenzahlung an Ladesäulen mehr Flexibilität und Komfort. Sie können direkt vor Ort mit jeder gängigen Karte zahlen, ohne zuvor einen Vertrag abschließen zu müssen. Dies macht das Laden deutlich einfacher und transparenter, da keine versteckten Kosten oder unerwarteten Preiserhöhungen auf sie zukommen.


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Insbesondere für Gelegenheitsnutzer, die nur selten auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen sind, bietet das Ad-hoc-Laden eine kostengünstige und unkomplizierte Alternative zum vertraglichen Roaming.

Effizienzsteigerung durch Wegfall von Zwischenverdienern

Ein wesentlicher Vorteil des Ad-hoc-Ladens, der durch die AFIR-Regelung gefördert wird, liegt im Wegfall der sogenannten Zwischenverdiener. Diese Zwischenverdiener, häufig CPO-Aggregatoren genannt, sind oft dafür verantwortlich, dass die Kosten für den Endverbraucher in die Höhe schnellen.  Dem klassische Roaminggebühren, aber auch spezielle Softwarelösungen, genau für diese Anwendung hatten zu immer höheren Kosten und damit zu hohen Ladeleistungen geführt.

Mehr Marge für Betreiber, günstigere Preise für Elektroauto-Fahrer

Durch den direkten Verkauf des Stroms ohne die Einbindung von Drittanbietern kann der Charge Point Operator (CPO) seine Marge deutlich erhöhen. Das bedeutet nicht nur mehr Gewinn für den Betreiber, sondern auch die Möglichkeit, den Endkunden einen attraktiveren Preis anzubieten. Eine dynamische Preisgestaltung, ähnlich wie sie Tesla anbietet, ist mit neuen Softwarelösungen problemlos umsetzbar.


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Die Variabilität des Strompreises insgesamt wird den Ladepreis für Elektroautofahrer deutlich senken können. Voraussetzung ist aber auch dafür, dass man, ähnlich wie die Preisgestaltung g an Tankstellen die günstigen Strompreisphasen abwartet und nutzt. Nutzt ein Elektroauto zudem beim Ladevorgang Solarstrom wird es noch günstiger möglich sein.

Einfache und transparente Preisgestaltung: Ein Schritt in Richtung Nutzerfreundlichkeit

Aktuell muss man heute bei Nutzung von Roaming eine monatliche Gebühr bezahlen. Bei neuen Ad hoc Lösungen wird das so nicht mehr nötig. Nutzer benötigen keinen Vertrag mehr und müssen keine monatliche Grundgebühr zahlen. Stattdessen finden sie entweder direkt an der Ladesäule oder in einer Web-App den Preis pro Kilowattstunde angezeigt. Diese sogenannte Preistafel, die bisher oft nur diskutiert wurde, könnte somit endlich Realität werden und für mehr Transparenz beim Laden sorgen.

Komfortable Überwachung des Ladevorgangs

Neben der einfachen Bezahlung bietet Ad hoc Nutzung und Zahlung auch die Möglichkeit, den Ladevorgang in Echtzeit zu überwachen. Wer beispielsweise während des Ladevorgangs einkaufen geht, kann über den angezeigten QR-Code jederzeit den aktuellen Ladezustand (State of Charge, SOC), die Ladeleistung, die bereits geladene Energiemenge in kWh und den Gesamtpreis überprüfen. Diese Funktionen tragen dazu bei, das Laden nicht nur transparenter, sondern auch deutlich komfortabler zu gestalten.

Die Zukunft des Stromladens: Ad-hoc-Laden als Konkurrenz zum Roaming

Sollte sich das Modell des Direktverkaufs von Strom nach dem Vorbild von ev-pay oder Aldi Süd weiter durchsetzen, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf den Markt für Elektrofahrzeuge haben. Elektroautofahrer würden von den niedrigeren Kosten und der höheren Transparenz profitieren, während die E-Mobility Provider (EMPs), die derzeit auf hohe Grundgebühren und Tarife setzen, Marktanteile verlieren könnten.


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Besonders die Anbieter, die versuchen, ihre Kunden durch drastische Preisunterschiede zwischen eigenen und fremden Ladestationen an sich zu binden, dürften unter diesem neuen Wettbewerb erheblich leiden.

Ausblick: Wann werden die Veränderungen spürbar?

Eine spürbare Veränderung am Markt wird frühestens ab 2025 erwartet, wenn die neuen AFIR-Regelungen voll greifen und Lösungen wie die von ev-pay flächendeckend eingeführt werden. Dennoch zeigen die aktuellen Entwicklungen, dass sich der Markt in Bewegung befindet. Das Ad-hoc-Laden, das bisher eher als Nischenprodukt galt, entwickelt sich zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz oder zumindest zu einer bedeutenden Alternative zum vertraglich gebundenen Roaming. Auch die EU-Wettbewerbskommission hat bereits Hinweise darauf gegeben, dass sie den verzerrten Markt in Deutschland genau beobachtet und möglicherweise eingreifen wird, sobald sie handlungsfähig ist. Die anstehenden Veränderungen könnten daher weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Markt haben.


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