ETS2 ab 2027: Erfolgsstrategien für Unternehmen

ETS2 ab 2027: Erfolgsstrategien für Unternehmen

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von Harald M. Depta

energiefahrer | Top Dozent | Visionär | Schreiberling | Top Experte für Energie und Elektromobilität

Das EU-Emissionshandelssystem ETS2 kommt 2027 und wird Unternehmen mit höheren CO₂-Kosten für Heizung, Produktion und Mobilität konfrontieren. Der Beitrag analysiert die finanziellen Auswirkungen und stellt praktische Strategien zur CO₂-Kostenoptimierung vor: von effizienten Fuhrpark- und Gebäudelösungen über digitales Energiemanagement bis zu Fördermitteln. Unternehmen, die jetzt ihre Dekarbonisierung vorantreiben, sichern sich langfristige Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen.
Was Unternehmen über das ETS2 wissen müssen

Der EU-Emissionshandel gilt seit 2005 als zentrales Instrument der europäischen Klimapolitik. Mit dem ETS2 steht ab 2027 eine bedeutende Erweiterung bevor, die substanzielle Auswirkungen auf Unternehmen haben wird. Während das bisherige System hauptsächlich energieintensive Industrien und die Stromerzeugung abdeckt, erweitert sich der Emissionshandel nun auf die Bereiche Gebäude und Straßenverkehr.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass Brennstoffe für Heizungen, Produktionsanlagen und Fahrzeugflotten künftig mit einem CO₂-Preis belegt werden. Anders als beim bisherigen ETS sind nicht die Endverbraucher selbst für den Erwerb von Emissionszertifikaten verantwortlich, sondern die Inverkehrbringer der Brennstoffe – also Energieversorger, Großhändler und Mineralölunternehmen.


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Bemerkenswert ist, dass bereits seit dem 6. Mai 2025 Zertifikate für das Jahr 2027 erworben werden können. Der aktuelle Preis liegt bei etwa 73 Euro pro Tonne CO₂ – deutlich höher als der nationale CO₂-Preis im Jahr 2025 (55 Euro) und der erwartete Korridor für 2026 (55-65 Euro). Dies signalisiert, dass der Markt mit erheblichen Preissteigerungen rechnet, was für Unternehmen Handlungsdruck erzeugt.

Die Hintergründe und Funktionsweise des ETS2

Die Einführung des ETS2 ist ein wesentlicher Bestandteil des „European Green Deal“ und des „Fit for 55“-Pakets der EU. Der Gebäudesektor und der Verkehr sind gemeinsam für etwa 36 Prozent der EU-Treibhausgasemissionen verantwortlich – Tendenz steigend. Während andere Wirtschaftsbereiche ihre Emissionen bereits deutlich reduzieren konnten, stagnieren die Einsparungen in diesen Sektoren oder nehmen sogar zu.

Der Mechanismus des ETS2 basiert auf dem bewährten „Cap-and-Trade“-Prinzip. Die EU legt eine Obergrenze für die Gesamtmenge an erlaubten Emissionen fest, die über die Zeit kontinuierlich sinkt. Die Europäische Kommission hat Ende 2024 beschlossen, dass 2027 etwas über einer Milliarde Zertifikate ausgegeben werden.

Lieferanten fossiler Brennstoffe müssen für jede Tonne CO₂, die durch ihre Produkte verursacht wird, ein entsprechendes Zertifikat erwerben. Das bedeutet, dass diese Zertifikate versteigert werden und können sie können zwischen den Unternehmen gehandelt werden. Wer mehr CO₂ verursacht, muss mehr Zertifikate kaufen. Wer Emissionen einspart, kann überschüssige Zertifikate verkaufen.


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Die Übergangsphase beginnt bereits 2025, wenn betroffene Unternehmen ihre Emissionen überwachen und berichten müssen. 2026 folgt die Berichtspflicht, und 2027 startet der eigentliche Handel mit Zertifikaten. Um extreme Preisanstiege zu vermeiden, wird es anfänglich eine Preisobergrenze geben. Steigt der Zertifikatepreis über 45 Euro, werden zusätzliche Zertifikate aus einer Marktstabilitätsreserve in den Markt gegeben.

Finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen

Die Einführung des ETS2 wird weitreichende finanzielle Konsequenzen für Unternehmen haben. Die direktesten Auswirkungen betreffen Energieversorger, Mineralölunternehmen und andere Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe. Sie müssen nicht nur Emissionszertifikate erwerben, sondern auch administrative Systeme zur Überwachung und Berichterstattung implementieren.

Für Unternehmen als Energieverbraucher werden die Kosten für Heizung, Prozesswärme und Mobilität steigen. Bei einem CO₂-Preis von 73 Euro pro Tonne bedeutet dies: Erdgas wird um etwa 1,5 Cent pro Kilowattstunde teurer, Kraftstoffe verteuern sich um circa 17 Cent pro Liter Benzin und 19 Cent pro Liter Diesel.


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Für ein mittelständisches Unternehmen mit einem jährlichen Erdgasverbrauch von 500.000 kWh für Heizung und Prozesswärme würde dies Mehrkosten von rund 7.500 Euro pro Jahr bedeuten. Eine Unternehmensflotte mit 20 Fahrzeugen und einer jährlichen Fahrleistung von jeweils 30.000 Kilometern bei einem Durchschnittsverbrauch von 7 Litern Diesel pro 100 Kilometer würde mit zusätzlichen Kosten von etwa 8.000 Euro pro Jahr belastet.

Studien prognostizieren, dass der CO₂-Preis bis 2030 auf 100 bis 300 Euro pro Tonne ansteigen könnte. Im ungünstigsten Fall könnten Gaspreise um bis zu 6 Cent pro kWh und Kraftstoffpreise um bis zu 70 Cent pro Liter steigen. Diese Kostensteigerungen werden Auswirkungen auf nahezu alle Unternehmensbereiche haben.

Strategische Handlungsoptionen für den Fuhrpark

Die Umstellung des Fuhrparks sollte differenziert nach Einsatzzweck und Nutzungsprofil erfolgen. Für Kurzstrecken und Stadtverkehr eignen sich bereits heute vollelektrische Fahrzeuge, die durch geringere Betriebskosten überzeugen. Bei einer Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern und einem CO₂-Preis von 73 Euro pro Tonne ergeben sich Einsparungen von etwa 350 Euro pro Fahrzeug und Jahr gegenüber Verbrennern.


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Für den Mittel- und Langstreckeneinsatz können Plug-in-Hybride eine Übergangslösung darstellen. Sie reduzieren den fossilen Kraftstoffverbrauch um 50-70 Prozent bei typischen Nutzungsprofilen, wenn konsequent elektrisch gefahren wird. Wichtig ist hier die Installation von Ladeinfrastruktur am Unternehmensstandort, die durch BAFA-Programme mit bis zu 50 Prozent gefördert wird.

Innovative Mobilitätskonzepte wie Corporate Carsharing ermöglichen eine effizientere Nutzung des Fuhrparks. Digitale Buchungssysteme und Telematiklösungen optimieren die Auslastung und können den Fahrzeugbedarf um 15-20 Prozent senken. Dies reduziert nicht nur die laufenden Kosten, sondern auch die gebundenen Investitionen.

Eine umfassende Fuhrparkanalyse bildet die Grundlage jeder Umstellungsstrategie. Diese sollte Fahrtprofile, Reichweitenbedarfe und Lademöglichkeiten einbeziehen. Führende Beratungsunternehmen bieten spezialisierte Fuhrparkanalysen an, die konkrete Handlungsempfehlungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen unter Berücksichtigung steigender CO₂-Preise liefern.

Strategien für klimafreundliches Gebäudemanagement

Im Gebäudesektor haben Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten zur CO₂-Reduktion. Der Austausch fossiler Heizsysteme gegen Wärmepumpen oder Biomasseanlagen bietet das größte Einsparpotenzial. Modern konzipierte Luft-Wasser-Wärmepumpen arbeiten mit Jahresarbeitszahlen von 3,5 bis 4,0 und reduzieren den Energiebedarf entsprechend um 65-75 Prozent gegenüber Gasheizungen.


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Contracting-Modelle eliminieren die Investitionshürde bei der Heizungsmodernisierung. Der Contractor übernimmt Planung, Finanzierung und Betrieb der neuen Anlage, während das Unternehmen einen vereinbarten Wärmepreis zahlt. Dieser liegt typischerweise 10-15 Prozent unter den bisherigen Vollkosten. Nach einer Vertragslaufzeit von 10-15 Jahren geht die Anlage in den Besitz des Unternehmens über.


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Die energetische Gebäudesanierung sollte bei der Fassade und den Fenstern beginnen. Eine moderne Dämmung kann den Heizbedarf um 30-50 Prozent senken. Die Amortisationszeit verkürzt sich mit steigenden CO₂-Preisen von derzeit etwa 15 Jahren auf voraussichtlich 8-10 Jahre ab 2027, wenn die volle ETS2-Wirkung eintritt.

Intelligente Gebäudesteuerungssysteme optimieren den Energieeinsatz in Echtzeit. Sie berücksichtigen Nutzungsprofile, Wetterdaten und Raumbelegung. Die Investitionskosten von 5-15 Euro pro Quadratmeter amortisieren sich durch Energieeinsparungen von 15-25 Prozent meist innerhalb von 3-5 Jahren.

Digitale Lösungen für effizientes CO₂-Management

Moderne Energiemanagementsysteme nach ISO 50001 bilden die Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen. Sie erfassen und analysieren Energieverbräuche und CO₂-Emissionen systematisch und ermöglichen gezielte Optimierungsmaßnahmen. Die Implementierung eines solchen Systems kann den Energieverbrauch um 5-15 Prozent senken.


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Cloud-basierte CO₂-Management-Plattformen automatisieren die Datenerfassung und -analyse. Führende Anbieter wie ClimatePartner, Planetly oder CO2Management bieten skalierbare Lösungen für Unternehmen aller Größen. Die Kosten liegen je nach Unternehmensgröße zwischen 2.000 und 20.000 Euro jährlich und amortisieren sich durch identifizierte Einsparpotenziale meist innerhalb eines Jahres. Anfänglich reichen eher einfache Lösungen, wie das „richtige“ Energiemanagementsystems mit einer optionalen Lösung der Lastverschiebung.

KI-gestützte Energieoptimierungssysteme können Energieverbräuche um weitere 5-10 Prozent senken. Sie erkennen Muster und Anomalien im Energieverbrauch und schlagen automatisch Optimierungsmaßnahmen vor. Die Integration in bestehende Gebäudeleittechnik ist mittlerweile standardisiert. Diese kann mit überschaubarem Aufwand realisiert werden.

Für produzierende Unternehmen bieten sich energieoptimierte Produktionsplanung und -steuerung an. Algorithmen berücksichtigen dabei nicht nur Auslastung und Liefertermine, sondern auch Energieverfügbarkeit und CO₂-Intensität. Energieintensive Prozesse werden in Zeiten mit hohem Anteil erneuerbarer Energien verlagert, was die CO₂-Bilanz verbessert und Kosten senkt.

Effektive Nutzung von Fördermitteln und Finanzierungsoptionen

Die KfW unterstützt mit ihrem Programm „Klimaschutzoffensive für Unternehmen“ energieeffiziente Gebäude und Anlagentechnik. Besonders attraktiv sind die Tilgungszuschüsse von bis zu 27,5 Prozent der förderfähigen Kosten. Der Förderantrag wird über die Hausbank gestellt, was den bürokratischen Aufwand reduziert.

Das BAFA bietet mit der „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ direkte Zuschüsse für CO₂-Einsparmaßnahmen. Das Modul 4 „Transformation zu klimaneutraler Wärme“ unterstützt den Austausch fossiler Heizsysteme mit Fördersätzen zwischen 25 und 55 Prozent der förderfähigen Kosten.


Ihr Fuhrpark wird elektrisch


Power Purchase Agreements (PPAs) ermöglichen die Nutzung erneuerbarer Energien ohne eigene Investition. Ein externer Investor installiert die PV-Anlage auf dem Unternehmensdach, während das Unternehmen den Strom zu einem festgelegten Preis abnimmt. Dieser liegt typischerweise 10-15 Prozent unter dem Börsenstrompreis und bietet Planungssicherheit für 10-15 Jahre.

Energiespar-Contracting reduziert finanzielle und technische Risiken bei Effizienzmaßnahmen. Der Contractor garantiert vertraglich definierte Einsparungen und refinanziert sich über diese. Bei typischen Contractingverträgen bleiben 20 Prozent der Einsparungen sofort beim Unternehmen, nach Vertragsende sogar 100 Prozent.

Langfristige Unternehmensstrategien im ETS2-Kontext

Die Implementierung eines internen CO₂-Preises lenkt Investitionen in klimafreundliche Richtungen. Führende Unternehmen setzen dabei bereits heute 100-200 Euro pro Tonne an, deutlich über dem aktuellen Marktpreis. Dies schafft einen Puffer gegen zukünftige Preissteigerungen und beschleunigt die Transformation.


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Eine systematische Überprüfung des Geschäftsmodells auf CO₂-Risiken wird zunehmend wichtig. Unternehmen sollten ihre Produkte und Dienstleistungen auf ihre CO₂-Intensität analysieren und gegebenenfalls neu ausrichten. Neue Geschäftsfelder in Bereichen wie Energieeffizienz oder erneuerbare Energien bieten erhebliche Wachstumschancen.

Die Neugestaltung von Lieferketten unter CO₂-Gesichtspunkten wird zum Wettbewerbsfaktor. Die Erfassung des CO₂-Fußabdrucks von Lieferanten und die Integration von CO₂-Kriterien in Einkaufsentscheidungen reduzieren Scope-3-Emissionen und sichern gegen zukünftige Preissteigerungen ab.

Die Klimastrategie sollte mit der Personalstrategie verzahnt werden. Gezielte Weiterbildungsmaßnahmen, die Integration von Nachhaltigkeitszielen in Vergütungssysteme und die Rekrutierung von Fachkräften mit Klimaschutz-Expertise sind entscheidend für den Erfolg der Transformation.

Fazit: Jetzt handeln für nachhaltigen Unternehmenserfolg

Das ETS2 wird ab 2027 die Wirtschaftslandschaft fundamental verändern. Die Bepreisung von CO₂ in den Bereichen Gebäude und Verkehr stellt insbesondere für energieintensive Unternehmen eine erhebliche Herausforderung dar. Gleichzeitig bietet dieser Transformationsprozess enorme Chancen für vorausschauende Unternehmen.


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Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Die Möglichkeit, bereits heute ETS2-Zertifikate für 2027 zu erwerben, zeigt, dass der Markt mit substanziellen Preissteigerungen rechnet. Unternehmen, die ihre Energieversorgung, Mobilität und Immobilienbewirtschaftung frühzeitig dekarbonisieren, sichern sich nicht nur gegen steigende Kosten ab, sondern profitieren gleichzeitig von Fördermitteln und Energiekosteneinsparungen.

Die vorgestellten Strategien – von konkreten Effizienzmaßnahmen über digitale Transformation bis hin zur langfristigen Strategieanpassung – bilden einen umfassenden Rahmen für Unternehmen aller Größenordnungen. Der entscheidende Erfolgsfaktor liegt in der systematischen Integration des Klimaschutzes in alle Unternehmensbereiche.

Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg bedingen einander in einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Unternehmen, die das ETS2 als Chance für Innovation und Effizienzsteigerung begreifen, werden gestärkt aus diesem Transformationsprozess hervorgehen. Ihre Position im Wettbewerb wird sich nachhaltig verbessern.

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