Elektromobilität weltweit: Warum Deutschland zurückfällt

Elektromobilität weltweit: Warum Deutschland zurückfällt

Während die Elektromobilität weltweit einen deutlichen Aufschwung erlebt und Länder wie Brasilien, die Türkei und Mexiko einen regelrechten Elektroauto-Boom verzeichnen, verliert Deutschland zunehmend an Boden. Trotz einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur und einer starken heimischen Automobilindustrie zeigt sich das Marktwachstum hier verhalten. Es stellt sich die Frage, warum der Anschluss verpasst wird, während andere Länder konsequent auf Elektrofahrzeuge setzen und damit neue Märkte erobern. Dieser Trend lässt erkennen, dass die Weichen für die Zukunft des Verkehrs global anders gestellt werden, während Deutschland vor grundlegenden Herausforderungen steht, um den Anschluss nicht endgültig zu verlieren.

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von Harald M. Depta

Der Autor | Schreiberling | Experte. Seit über 10 Jahren in dem Bereich tätig. Ich bin Fachdozent und Referent, Projektplaner für E-Mobilität & PV, Kenner der Branche.

Die globale Elektroauto-Revolution: Warum Deutschland hinterherhinkt

Die Elektromobilität erlebt weltweit einen bemerkenswerten Aufschwung, während Deutschland trotz seiner etablierten Automobilindustrie und seiner gut ausgebauten Ladeinfrastruktur überraschend zurückbleibt. Außerhalb Europas zeigen zahlreiche Länder beeindruckende Wachstumsraten im Bereich der Elektromobilität, was zu einer spürbaren Marktverschiebung führt. Besonders auffällig ist dabei die Entwicklung in Ländern wie Brasilien, der Türkei, Mexiko und weiteren aufstrebenden Märkten. Diese Märkte haben es geschafft, den internationalen Elektroauto-Boom in beachtlichem Maße für sich zu nutzen.


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Während Brasilien mit einem massiven Verkaufsanstieg von 726 Prozent (!!!) im ersten Halbjahr 2024 glänzt, angetrieben vor allem durch den chinesischen Hersteller BYD, zeigt auch die Türkei eine beeindruckende Dynamik. Dank der Einführung der heimischen Marke Togg stiegen die Verkaufszahlen von Elektroautos dort um 233 Prozent, und der Marktanteil dieser Fahrzeuge hat bereits 8 Prozent erreicht. In Malta hat sich der Marktanteil von Elektroautos im gleichen Zeitraum verdoppelt und liegt nun bei 30 Prozent. Ebenso verzeichnet Mexiko mit einem Wachstum von 130 Prozent deutliche Zuwächse, während Chile und Indonesien ebenfalls auf diesem Trend aufbauen

Deutschland: Ein unerwartetes Schlusslicht trotz starker Autoindustrie und Ladeinfrastruktur

Angesichts dieser globalen Entwicklungen erscheint es umso erstaunlicher, dass Deutschland, das lange als Vorreiter in der Automobilindustrie galt, den Anschluss an die globale Elektroauto-Revolution zu verlieren scheint. Obwohl Deutschland mit seiner starken heimischen Automobilbranche, die von traditionellen Giganten wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz geprägt ist, sowie einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur – der drittbesten in ganz Europa – ausgestattet ist, bleiben die Verkaufszahlen von Elektroautos überraschend niedrig.


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Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die Elektroauto-Verkäufe in der Europäischen Union insgesamt lediglich um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Noch ernüchternder sind die Daten für Deutschland: Hier sank die Anzahl der verkauften Elektrofahrzeuge sogar um 16,4 Prozent. Dieses stagnierende Wachstum wirft Fragen auf, insbesondere angesichts der Tatsache, dass andere europäische Länder wie Norwegen, die Niederlande und Frankreich weiterhin Fortschritte bei der Akzeptanz von Elektrofahrzeugen verzeichnen.


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Was läuft also schief in Deutschland? Obwohl die Ladeinfrastruktur gut ausgebaut ist und Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen bestehen, bleibt die Akzeptanz in der Bevölkerung hinter den Erwartungen zurück. Experten vermuten, dass politische Unsicherheiten, fehlende finanzielle Anreize und eine geringe Modellvielfalt im unteren und mittleren Preissegment eine Rolle spielen könnten. Diese Faktoren führen zu einer zögerlichen Haltung vieler potenzieller Käufer und hindern den Markt daran, sein volles Potenzial auszuschöpfen.


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Als Kenner und Nutzer von Elektrofahrzeugen erlebe ich aber fortlaufend falsch informierte Menschen und Unternehmen, getrieben durch Mythen, Fehlinformationen und Verunsicherung. Dabei passiert im Hintergrund sehr viel, insbesondere Unternehmen zeigen grosses Interesse an Elektromobilität. Hemmschuh ist hier aber häufig, dass Mitarbeiter Vorurteile haben – teilweise wird auch dadurch die Beschaffung von Elektrofahrzeugen zurückgestellt.

Elektromobilität weltweit: Länder außerhalb Europas setzen starke Akzente

Während Deutschland und Teile der EU mit stagnierenden Verkaufszahlen zu kämpfen haben, zeigt der Blick über den europäischen Tellerrand eine völlig andere Dynamik. In vielen Ländern außerhalb Europas ist die Elektromobilität längst in vollem Gange und setzt aufstrebende Märkte deutlich in Bewegung. Besonders bemerkenswert ist, wie diese Länder ihre eigenen Strategien entwickeln, um die Elektrifizierung des Verkehrs voranzutreiben.


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Mexiko, Malta, Chile und Indonesien schließen sich diesem Trend an und zeigen ebenfalls beeindruckende Wachstumsraten. Mexiko verzeichnete einen Zuwachs von 130 Prozent, während der Marktanteil in Malta auf 30 Prozent stieg. Chile und Indonesien bauen ebenfalls ihre Präsenz im Bereich der Elektromobilität aus und verzeichnen signifikante Zuwächse. Diese Entwicklungen unterstreichen, dass der globale Trend klar in Richtung Elektromobilität geht – auch wenn Europa, insbesondere Deutschland, noch zögert.

Deutschland im Rückwärtsgang: Woran liegt das stockende Wachstum?

Der schleppende Fortschritt der Elektromobilität in Deutschland wirft zahlreiche Fragen auf, insbesondere angesichts der globalen Entwicklungen und des beachtlichen Potenzials, das der deutsche Markt bietet. Obwohl Deutschland in puncto Ladeinfrastruktur europaweit den dritten Platz einnimmt, scheinen andere Faktoren den Durchbruch der Elektromobilität zu bremsen. Ein tieferer Blick auf die Situation zeigt, dass mehrere Herausforderungen eine entscheidende Rolle spielen könnten.


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Zunächst ist die staatliche Förderpolitik ins Zentrum der Diskussion gerückt. Viele Experten kritisieren, dass die finanzielle Unterstützung für den Kauf von Elektroautos in Deutschland nicht ausreichend oder zielgerichtet genug sei. Während einige europäische Länder großzügige Kaufprämien und Steuervergünstigungen anbieten, die sich an breite Bevölkerungsschichten richten, wirken die deutschen Anreize vergleichsweise moderat und vor allem kurzfristig angelegt.

Dies könnte ein Grund dafür sein, warum viele potenzielle Käufer weiterhin zögern, auf Elektromobilität umzusteigen. Dabei scheint es kaum notwendig zu sein Extra Anreize zu schaffen, denn es zeigte sich der Mitnahmeeffekt beim Hersteller ohne nennenswerten Mehrwert für den Käufer. Ich persönlich finde es gut keine finanziellen Anreize mehr zu schaffen. Zielführender wären z.B. die Abschaffung fossiler Subventionen, die es in Deutschland in Milliardenhöhe gibt. Das würde sicherlich wirken.


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Vergleicht man Preis mit und ohne Förderungen dann ergibt sich häufig, dass Fahrzeugrabatte der Hersteller sogar besser sein können als ein Preis mit „eingerechnetem“ Rabatt ohne Mehrwert für den Käufer. Zudem ist nicht mehr darstellbar, warum Hochpreismodelle gefördert werden sollen, während Kleinfahrzeuge für die Masse durch die Hersteller meist ignoriert werden.

Hinzu kommen Unsicherheiten in der politischen Landschaft. Wechselnde Vorgaben und Debatten rund um die Zukunft der Verbrennungsmotoren, die Einführung neuer Umweltgesetze und die Diskussionen über mögliche Fahrverbote in Städten haben zu Verunsicherung bei den Verbrauchern geführt. Diese Unsicherheit wirkt sich negativ auf die Bereitschaft aus, in ein Elektrofahrzeug zu investieren, da viele Menschen befürchten, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in naher Zukunft erneut ändern könnten.


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Ein weiterer Punkt ist die begrenzte Modellvielfalt in Deutschland, insbesondere im unteren und mittleren Preissegment. Während Premiumhersteller wie Audi, BMW und Mercedes-Benz leistungsstarke Elektrofahrzeuge im oberen Preissegment anbieten, fehlt es an erschwinglichen Optionen für Durchschnittsverdiener. Dieser Mangel an Auswahlmöglichkeiten könnte ebenfalls eine bremsende Wirkung auf die Verbreitung von Elektroautos in Deutschland haben.

Wege aus der Stagnation: Wie Deutschland das Wachstum der Elektromobilität fördern kann

Um die Elektromobilität in Deutschland aus ihrer derzeitigen Stagnation zu befreien und international wieder Anschluss zu finden, sind gezielte Maßnahmen erforderlich. Eine davon wäre die Verbesserung und Ausweitung der staatlichen Förderprogramme. Finanzielle Anreize, wie höhere Kaufprämien oder steuerliche Erleichterungen, könnten eine wichtige Rolle spielen, um die Kaufbereitschaft zu erhöhen, insbesondere bei Fahrzeugen im unteren und mittleren Preissegment. Eine langfristige und transparente Förderpolitik könnte das Vertrauen der Verbraucher stärken und die Unsicherheiten reduzieren, die derzeit viele potenzielle Käufer von Elektrofahrzeugen abschrecken.


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Darüber hinaus wäre eine stärkere Unterstützung der heimischen Automobilindustrie notwendig, um eine größere Vielfalt an Elektrofahrzeugen zu wettbewerbsfähigen Preisen auf den Markt zu bringen. Eine strategische Zusammenarbeit zwischen Staat und Industrie könnte die Entwicklung kostengünstigerer Elektrofahrzeugmodelle fördern und damit die Attraktivität für eine breitere Käuferschicht erhöhen. Auch Investitionen in Forschung und Entwicklung neuer Batterietechnologien und Ladesysteme könnten Deutschland helfen, seine Position als technologischer Vorreiter in der Automobilbranche zurückzuerobern.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausbau und die Optimierung der Ladeinfrastruktur. Während Deutschland bereits gut aufgestellt ist, gibt es immer noch signifikante Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Ein flächendeckender und effizienter Ausbau der Ladepunkte, gekoppelt mit schnellerem Laden und attraktiveren Tarifen, könnte die Alltagstauglichkeit von Elektrofahrzeugen weiter verbessern und somit die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.

Blick in die Zukunft: Die Perspektiven der Elektromobilität in Deutschland und weltweit

Trotz der aktuellen Herausforderungen bleibt die Elektromobilität ein zentraler Bestandteil der zukünftigen Mobilität – sowohl in Deutschland als auch weltweit. Die internationale Entwicklung zeigt, dass Länder, die sich schnell auf die Anforderungen der Elektromobilität einstellen, klare Wettbewerbsvorteile erzielen können. Deutschland steht nun an einem Scheideweg: Entweder gelingt es, die bestehenden Hindernisse durch zielgerichtete Maßnahmen zu überwinden, oder das Land läuft Gefahr, weiter hinter die internationalen Vorreiter zurückzufallen.


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Die Zukunftsaussichten für die Elektromobilität in Deutschland hängen stark von der Bereitschaft ab, Innovationen voranzutreiben, und von der politischen Entschlossenheit, klare Rahmenbedingungen für die Förderung der Elektromobilität zu schaffen. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein: Durch die Kombination aus verstärkten Investitionen, einer angepassten Förderpolitik und einer strategischen Zusammenarbeit zwischen Politik, Industrie und Forschung kann Deutschland das Potenzial der Elektromobilität voll ausschöpfen und wieder eine führende Rolle im globalen Markt einnehmen.

Weltweit ist die Richtung klar: Der Übergang zu elektrischen Fahrzeugen wird weiter voranschreiten, angetrieben durch technologische Innovationen, strenge Umweltvorgaben und eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Mobilitätslösungen. Länder wie Brasilien, die Türkei und Mexiko machen vor, wie durch entschlossenes Handeln und innovative Strategien neue Märkte erschlossen werden können. Deutschland hat nun die Chance, von diesen Beispielen zu lernen und seine eigene Zukunft im Zeichen der Elektromobilität aktiv zu gestalten.


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