Herausforderung für Elektroauto-Fahrer: Hohe Kosten beim Laden durch Roaminggebühren
Wer als Elektroauto-Fahrer regelmäßig öffentlich lädt und dafür mehrere Anbieter nutzt, sieht sich oft mit erheblichen Zusatzkosten konfrontiert. Diese Mehrkosten entstehen durch Roaminggebühren, die von vielen Lade-Netzbetreibern erhoben werden, sobald ein Nutzer auf ein Ladenetz zugreift, das nicht dem Anbieter seines Vertrags entspricht.
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Der gestiegene Aufwand und die erhöhten Kosten veranlassen immer mehr Kunden, den Anbieter zu wechseln, um günstigere Konditionen zu finden. Diese Entwicklung wird von der aktuellen „Lade-Services-Studie 2024“ des Stuttgarter Marktforschungsunternehmens USCALE belegt. Die Untersuchung zeigt deutlich, dass die Kostenstruktur am öffentlichen Lademarkt stark in Bewegung ist
Mehrfachverträge und Ladekarten: Der Trend zur Nutzung mehrerer Ladeverträge
Die Studie zeigt, dass Elektroauto-Fahrer in Deutschland durchschnittlich 3,5 Ladekarten, Lade-Apps oder Verträge nutzen, um flexibel auf die verschiedenen öffentlichen Ladeinfrastrukturen zugreifen zu können. Diese Vielfalt an Ladekarten war in den letzten Jahren leicht rückläufig, stieg jedoch zuletzt wieder an, was möglicherweise auf steigende Preisunterschiede und die vermehrte Nutzung von Roaminggebühren zurückzuführen ist.
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Um kostengünstig laden zu können, entscheiden sich daher viele Nutzer für mehrere Anbieter. Insbesondere die Flexibilität und der Zugang zu einem möglichst breiten Ladenetz sind für die meisten entscheidend, auch wenn dies mit zusätzlichen Verträgen verbunden ist.
Entwicklung auf dem Markt: Die steigende Präferenz für Anbieter mit eigenem Ladenetz
Während Elektroauto-Fahrer in der Vergangenheit verstärkt Anbieter bevorzugten, die europaweit Zugang zu Hunderttausenden von Ladepunkten zum Einheitspreis ermöglichten, zeichnet sich nun ein Wandel ab. Der Fokus liegt zunehmend auf Anbietern mit einem ausgedehnten eigenen Ladenetz.
Insbesondere Charge Point Operatoren (CPOs) wie EnBW (mit einem Marktanteil von 21 %), Aral pulse (10 %) oder Ionity (9 %) gewinnen an Beliebtheit. Auch Tesla spielt mit seinem Supercharger-Netzwerk eine bedeutende Rolle und deckt 76 % des Marktanteils unter Tesla-Fahrern ab, während bei Nicht-Tesla-Fahrern rund 5 % das Netzwerk nutzen. Dieser Trend zeigt, dass Fahrer zunehmend auf stabile und umfassende Ladelösungen setzen, die nicht mit zusätzlichen Roamingkosten verbunden sind.
Druck auf eMobility Service Provider (eMSPs) ohne eigenes Ladenetz
Die sogenannten eMobility Service Provider (eMSPs), die lediglich Zugang zu Ladepunkten bieten, jedoch kein eigenes Netz besitzen, geraten zunehmend unter Druck. Diese Anbieter sind aufgrund der Roaminggebühren, die bei jedem Ladevorgang anfallen, für ihre Kunden oft teurer als die direkten Netzbetreiber. Dazu zählen reine Roaminganbieter wie Chargemap und Plugsurfing sowie die meisten Automobilhersteller, die Ladedienste anbieten, aber keine eigene Infrastruktur betreiben.
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Laut der USCALE-Studie verzeichnen diese eMSPs – abgesehen von Tesla mit seinem eigenem Supercharger-Netz – in Deutschland einen Rückgang der Marktanteile. Die hohen Roaminggebühren, die eMSPs weitergeben müssen, und die fehlende Preisstabilität sind wichtige Gründe dafür, dass Kunden verstärkt zu Anbietern mit eigenem Ladenetz wechseln.
Kooperationen stärken Marktstellung der Charge Point Operatoren
Ein wesentlicher Grund für den steigenden Erfolg der Charge Point Operatoren (CPOs) liegt in strategischen Kooperationen. So konnte Aral pulse beispielsweise die Hälfte seiner Kundschaft durch eine Partnerschaft mit dem ADAC gewinnen, was die Reichweite und Attraktivität des Anbieters deutlich gesteigert hat. Auch Autohersteller setzen zunehmend auf Kooperationen mit etablierten Ladesäulenbetreibern, anstatt eigene Ladedienste zu entwickeln.
Beispiele dafür sind die Zusammenarbeit von Hyundai mit Aral und die Kooperation von BYD mit Shell. Diese Allianzen schaffen für Kunden einfache und verlässliche Ladelösungen, ohne auf verschiedene Ladekarten angewiesen zu sein, und stärken gleichzeitig die Marktposition der CPOs im Vergleich zu den reinen eMSPs.
Neue Nutzergruppen und ihre Präferenz für etablierte Ladeanbieter
Mit dem Anstieg der Elektroauto-Nutzung durch neue Kundengruppen verändert sich auch das Nutzungsverhalten am Markt für Ladeinfrastruktur. Während die erste Generation von Elektroauto-Fahrern oft kleinere Anbieter mit spezifischen Vorteilen und Nischenangeboten bevorzugte, tendieren neue Nutzer eher zu bekannten und etablierten Ladeanbietern mit umfassendem Versorgungsnetz.
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Diese Präferenz hin zu bekannten Namen und großen Netzwerken spiegelt den Wunsch nach Zuverlässigkeit und Einfachheit wider, da größere Anbieter in der Regel über eine gut ausgebaute Infrastruktur verfügen und häufig eine einheitliche Preisstruktur bieten. Diese Veränderung im Nutzerverhalten führt zu einer Konzentration des Marktes zugunsten der großen Anbieter, was langfristig die Struktur des Ladeinfrastrukturmarktes beeinflussen könnte.
Marktkonzentration und die Entwicklung hin zu oligopolistischen Strukturen
Die aktuelle Preisgestaltung und die zunehmende Marktkonzentration im Ladeinfrastrukturmarkt deuten auf eine Entwicklung hin, die Parallelen zu traditionellen Tankstellenstrukturen aufweist. Die von vielen Betreibern erhobenen Roaminggebühren tragen nicht nur zur Intransparenz der Preise bei, sondern erhöhen auch die durchschnittlichen Kosten für Endverbraucher. Laut Axel Sprenger, Geschäftsführer von USCALE, führt diese Preispolitik zu einer Verschiebung der Marktanteile zugunsten großer Anbieter, da Kunden verstärkt auf diese wechseln, um stabile und berechenbare Kostenstrukturen zu nutzen.
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Diese Entwicklung könnte langfristig eine oligopolistische Struktur am Lademarkt festigen, ähnlich wie im Tankstellensektor. Damit wird es für kleinere Anbieter immer schwieriger, ihre Position am Markt zu behaupten, was die Vielfalt und möglicherweise auch den Innovationsgrad am Markt einschränken könnte.