Deutschlands Rohstoffabhängigkeit: Ein steigendes Risiko für Wirtschaft und Wohlstand
Die deutsche Industrie gehört weltweit zu den größten Verbrauchern mineralischer Rohstoffe. Ein Großteil dieser Materialien wird jedoch aus wenigen Ländern importiert, was die Versorgungssicherheit zunehmend bedroht. Diese Abhängigkeit birgt nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern gefährdet langfristig die Basis für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand in Deutschland.
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Die starke Importabhängigkeit von essenziellen Rohstoffen, wie zum Beispiel Lithium für die Batterieproduktion, führt zu signifikanten Herausforderungen: Sollte China, einer der Hauptlieferanten für Lithium und lithiumbasierte Produkte, als Versorger ausfallen, könnte die deutsche Wirtschaft Schäden in Milliardenhöhe erleiden. Allein in der Automobilindustrie könnten bis zu 42 Milliarden Euro an Wertschöpfung verloren gehen. Eine aktuelle Studie von Roland Berger und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) untersucht diese Risiken und beleuchtet Maßnahmen, um Deutschlands Rohstoffversorgung langfristig zu sichern
Lithium als Beispiel für kritische Abhängigkeiten in der deutschen Industrie
Lithium ist ein unverzichtbarer Rohstoff für viele Schlüsselindustrien, insbesondere für die Elektromobilität und die Energiewende. Die Nachfrage nach diesem Rohstoff wächst stetig, getrieben von der Umstellung auf emissionsfreie Technologien und der Digitalisierung. Ein Ausfall Chinas als Hauptlieferant von Lithium und lithiumbasierten Produkten, etwa Akkus und Batterien, könnte für die deutsche Wirtschaft verheerend sein. Laut der Studie könnten Verluste von bis zu 115 Milliarden Euro entstehen, davon allein 42 Milliarden in der Automobilbranche. Diese Abhängigkeit verdeutlicht, wie stark der Erfolg der deutschen Industrie an die sichere Versorgung mit kritischen Rohstoffen gebunden ist.
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Die Studie empfiehlt eine umfassende Strategie zur Sicherung der Rohstoffversorgung, um die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern zu reduzieren. Insbesondere die Stärkung der heimischen Rohstoffproduktion und -verarbeitung, der Ausbau der Lieferquellen sowie innovative Technologien, wie die Kreislaufwirtschaft, könnten die Versorgungssicherheit erhöhen. Diese Maßnahmen sind essenziell, um den langfristigen Erfolg der deutschen Industrie zu gewährleisten und Abhängigkeiten zu minimieren.
Wachsende Nachfrage und die Bedeutung einer gesicherten Rohstoffversorgung
Die Zukunft der deutschen Industrie ist eng mit der Verfügbarkeit kritischer Rohstoffe verknüpft, die in zentralen Zukunftstechnologien unverzichtbar sind. Ohne stabile Lieferketten und gesicherte Rohstoffquellen wären Fortschritte in Bereichen wie Elektromobilität und Energiewende nicht realisierbar. Laut Marcus Berret von Roland Berger ist der Bedarf an bestimmten Rohstoffen, darunter Lithium, Grafit, Kobalt, Nickel und Mangan, aufgrund globaler Transformationsprozesse stark angestiegen. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass der weltweite Bedarf an Lithium bis 2040 im Vergleich zu 2020 um das 42-Fache steigen könnte. Bei Grafit wird eine Verfünfundzwanzigfachung erwartet, während Kobalt und Nickel um das 21- bzw. 19-Fache zulegen könnten. Dieser sprunghafte Anstieg verdeutlicht die Dringlichkeit, die Rohstoffversorgung strategisch und diversifiziert abzusichern.
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Ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft liegt daher in einer gesicherten und vielfältigen Rohstoffversorgung. Ohne diese Maßnahmen könnten Lieferausfälle oder -verzögerungen weitreichende Folgen für die Industrie und ihre Wertschöpfung haben.
Steigende Abhängigkeit von Importen und Risiken der Konzentration auf einzelne Lieferländer
Die Analyse der Studie zeigt, dass die Importabhängigkeit Deutschlands für viele kritische Rohstoffe, insbesondere aus China, in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Ein alarmierendes Beispiel ist der Import von Seltenen Erden, wo sich der Anteil der Lieferungen aus China von 32 Prozent im Jahr 2014 auf 69 Prozent im Jahr 2023 erhöht hat. Ähnlich verhält es sich bei Germanium, dessen Importanteil aus China im selben Zeitraum von 23 auf 40 Prozent anstieg, und bei Bismut, dessen chinesischer Anteil von 24 auf beachtliche 95 Prozent kletterte. Diese zunehmenden Abhängigkeiten bergen ein erhebliches Risiko für die deutsche Industrie, da bereits kleinere Störungen in den Lieferketten große wirtschaftliche Auswirkungen haben könnten.
Die Konzentration auf wenige Lieferländer für kritische Rohstoffe erhöht die Anfälligkeit für Handelskonflikte oder andere geopolitische Spannungen, die den Rohstoffnachschub unterbrechen könnten. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass ein Totalausfall von Lieferungen aus China, wie er beispielsweise durch Handelskonflikte ausgelöst werden könnte, drastische Folgen für die deutsche Wirtschaft hätte. In besonders betroffenen Sektoren wie der Automobilindustrie sind erhebliche Wertschöpfungsverluste zu erwarten, da rund 34 Prozent der Wertschöpfung auf lithiumhaltigen Produkten basieren und im Falle eines Lieferausfalls gefährdet wären.
Strategien zur Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit: Heimische Förderung und internationale Diversifizierung
Um die Versorgungsrisiken durch Importabhängigkeiten zu mindern, empfehlen die Studienautoren eine umfassende Strategie, die auf drei zentralen Säulen basiert. Die erste Säule umfasst die Förderung und Verarbeitung heimischer Rohstoffe. Deutschland verfügt über bislang ungenutztes Potenzial, beispielsweise in der Lithiumgewinnung. Diese Ressourcen könnten zur Reduzierung der Importabhängigkeit beitragen. Für den Ausbau der heimischen Rohstoffförderung sind allerdings politische und regulatorische Maßnahmen erforderlich, wie Planungssicherheit, staatliche Investitionen sowie steuerliche Anreize.
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Die zweite Säule der Strategie zielt auf die Diversifizierung der internationalen Lieferquellen. Durch den Aufbau neuer Rohstoffpartnerschaften und die Vertiefung bestehender Kooperationen mit verschiedenen Ländern könnte Deutschland seine Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern verringern. Darüber hinaus empfehlen die Experten eine stärkere Zusammenarbeit mit Abnehmerländern, um gemeinsame Standards und Strategien zu entwickeln, die langfristige Versorgungssicherheit gewährleisten. Diese Ansätze dienen dazu, Deutschlands Resilienz gegenüber internationalen Handelsrisiken zu erhöhen und die Grundlagen für eine stabile Rohstoffversorgung zu schaffen.
Technologische Innovationen und Kreislaufwirtschaft als dritte Säule zur Sicherung der Rohstoffversorgung
Neben der Stärkung heimischer Ressourcen und der Diversifizierung internationaler Partnerschaften sehen die Studienautoren technologische Innovationen und den Ausbau der Kreislaufwirtschaft als wesentliche dritte Säule zur Reduzierung von Rohstoffabhängigkeiten. Viele metallische Rohstoffe können nahezu unbegrenzt recycelt werden, was den Bedarf an Neuimporten langfristig erheblich verringern könnte. Allerdings fehlen für einige Rohstoffe, wie seltene Erden und bestimmte Mineralien, noch effiziente Recyclingtechnologien.
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Die Autoren der Studie empfehlen daher verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung, um Recyclingtechnologien weiterzuentwickeln und den Transfer dieser Schlüsseltechnologien zu fördern. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft würde nicht nur die Importabhängigkeit mindern, sondern auch ökologische Vorteile bieten, da weniger Primärressourcen abgebaut und transportiert werden müssten. Dies schafft eine nachhaltige Grundlage für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie, die angesichts steigender Nachfrage nach Rohstoffen zunehmend auf innovative und ressourcenschonende Ansätze angewiesen ist.
Fazit: Dringender Handlungsbedarf zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft
Die sichere Versorgung mit kritischen Rohstoffen ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der deutschen Industrie. Ohne eine gezielte Strategie zur Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit sind zentrale wirtschaftliche Sektoren, wie die Automobil- und Elektronikindustrie, großen Risiken ausgesetzt. Ein Total- oder Teilausfall von Lieferungen, insbesondere aus stark dominierenden Lieferländern wie China, könnte zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen.
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Die Studienautoren betonen, dass Deutschland nun zügig konkrete Maßnahmen ergreifen muss, um die Importabhängigkeit zu reduzieren und damit die Versorgungssicherheit zu stärken. Dazu gehört die Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie, die auf den Säulen heimischer Förderung, internationaler Diversifizierung und technologischer Innovation basiert. Nur durch ein abgestimmtes Zusammenspiel dieser Maßnahmen kann Deutschland langfristig eine stabile Rohstoffbasis sicherstellen und so die Grundlagen für die wirtschaftliche Zukunft des Landes festigen.
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Die Verfügbarkeit und der Zugang zu essenziellen Rohstoffen sind Schlüsselfaktoren für die weitere Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit und technologischer Unabhängigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es für die deutsche Industrie und Politik unerlässlich, jetzt zu handeln und die richtigen Weichen zu stellen.