Warum eine Netzentgeltsenkung 2026 die Strompreise kaum senkt

Warum eine Netzentgeltsenkung 2026 die Strompreise kaum senkt

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von Harald M. Depta

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Mit dem staatlichen Zuschuss zur Senkung der Netzentgelte ab 2026 verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Stromkosten für Verbraucher und Unternehmen zu verringern. Doch die tatsächliche Wirkung auf die Strompreise bleibt fraglich. Die komplexen Strukturen der Stromnetze, unterschiedliche regionale Netzentgelte sowie langfristige Vertragsbindungen verhindern oft eine direkte Weitergabe der Entlastung an Endkunden. Zusätzlich treiben externe Faktoren wie der steigende CO₂-Preis durch das EU-Emissionshandelssystem ETS 2 die Strompreise nach oben, was eine spürbare Reduktion erschwert. Für Geschäftskunden und private Haushalte bedeutet das, dass sie mit aktivem Management der Stromtarife und Investitionen in Eigenstromerzeugung und Speichertechnologien besser auf steigende Preise reagieren können.
Netzentgelte reduzieren, Stromkosten senken? Die politische Absicht und die Realität

Zum Jahreswechsel 2026 will die Bundesregierung mit einem milliardenschweren Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro die Netzentgelte für Strom senken. Ziel ist es, die Stromkosten für Verbraucher und Unternehmen zu entlasten – eine wichtige Botschaft in Zeiten steigender Energiepreise und wirtschaftlicher Herausforderungen.


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Doch diese politische Maßnahme führt nicht automatisch zu niedrigeren Strompreisen an der Steckdose. Sowohl Privatkunden als auch Unternehmen sollten verstehen, warum die erhofften Preis-Nachlässe ausbleiben könnten. Dieser Beitrag erläutert die strukturellen und marktlichen Gründe für diese Diskrepanz und gibt praxisnahe Handlungsempfehlungen für beide Kundengruppen.

Warum Netzentgelte nur ein Teil der Stromkosten sind

Netzentgelte sind Gebühren, die Netzbetreiber für den Betrieb, Ausbau und die Wartung der Stromnetze erheben. Sie machen rund ein Viertel bis ein Drittel des Strompreises aus und sind damit ein wesentlicher, aber eben nicht der einzige Kostenbestandteil. Ab dem 1. Januar 2026 erhalten die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) – Amprion, 50Hertz, Tennet und TransnetBW – einen staatlichen Zuschuss, damit sie ihre Netzentgelte senken können. Theoretisch bedeutet das, dass etwa zwei Cent pro Kilowattstunde günstigerem Strompreis möglich sind. Allerdings sind die Verteilnetzbetreiber (VNB), die regional agieren und die meisten Endkunden direkt versorgen, nicht gesetzlich verpflichtet, diese Entlastung weiterzugeben. Die Netzentgeltstrukturen sind komplex und regional unterschiedlich – etwa 900 VNB mit eigenen Netzentgelten beeinflussen die lokale Preisbildung maßgeblich.


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Für Unternehmen, die oft hohe Strommengen verbrauchen und komplexe Vertragsgestaltungen vorfinden, gilt das in besonderem Maße. Langfristige Abnahmeverträge oder Sonderkonditionen mit Energielieferanten können die Beweglichkeit und damit die Möglichkeit für Kostenanpassungen einschränken. Auch bei privaten Haushalten binden oft Tarifverträge mit Preisgarantien den Strompreis über Monate bis Jahre – hier schlägt sich eine Netzentgeltsenkung zunächst nicht nieder.

Marktmechanismen und externe Preistreiber verhindern deutliche Entlastungen

Neben den Netzentgelten setzen sich die Stromkosten aus Energiebeschaffung, Steuern, Umlagen und weiteren Abgaben zusammen. Gerade die Energiepreise werden an der Börse gehandelt und sind hoch volatil. Ein wichtiger Kostentreiber ist die CO₂-Bepreisung durch das EU-Emissionshandelssystem ETS 2, das ab 2027 auch Gebäude und Verkehr stärker belastet. Steigende CO₂-Zertifikatspreise wirken sich auf die Erzeugungskosten von insbesondere fossilen Kraftwerken aus, deren Preise unmittelbar an den Märkten ankommen und somit die Stromgroßhandelspreise erhöhen.


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Diese Marktkräfte wirken preistreibend und können eine eventuelle Netzentgeltersparnis durch den Staat überdecken. Für Unternehmen ist die Einhaltung von Budget- und Kostenplanung besonders relevant. Die Unsicherheit und Preisschwankungen erschweren oft Investitionsentscheidungen und Verhandlungen mit Lieferanten. Für private Haushalte wiederum bedeutet dies, dass selbst bei subventionierten Netzentgelten die Gesamtstromrechnung nicht unbedingt sinkt.

Regionale Unterschiede und Netzstrukturen führen zu ungleichen Veränderungen

Die unterschiedlichen Netzentgelte der regionalen Verteilnetzbetreiber führen dazu, dass Verbraucher je nach Region unterschiedlich stark profitieren oder kaum Entlastungen sehen. Regionen mit einer hohen Eigenstromerzeugung durch Photovoltaik-, Windkraft- oder andere dezentrale Anlagen benötigen weniger überregionale Netzkapazitäten und zahlen daher geringere Netzentgelte. Dort fällt die Wirkung der Übertragungsnetzsubvention entsprechend schwächer aus. In Gebieten mit höherem Netzentgeltanteil sind Entlastungen etwas deutlicher, jedoch ist der Grad der tatsächlichen Kostenminderung regional sehr unterschiedlich.


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Für Unternehmen, die oft an verschiedenen Standorten tätig sind oder im öffentlichen Netzsegment versorgt werden, kann dies bedeutende betriebliche Auswirkungen haben. Kostenanalysen, Standortbewertung und Energieeffizienzmaßnahmen müssen verstärkt regional differenziert erfolgen, um Einsparpotenziale realistisch zu erfassen.

Handlungsempfehlungen und Chancen für Unternehmen und Haushalte

Da die Netzentgeltreduzierung allein keine verlässliche und flächendeckende Preissenkung garantiert, müssen Stromkunden selbst aktiv werden. Für Unternehmen lohnt sich ein regelmäßiger Check der Strombezugsverträge. Die neue gesetzliche Regelung zum schnelleren Stromanbieterwechsel innerhalb von 24 Stunden kann dabei helfen, schneller auf günstigere Tarife zu reagieren und Verhandlungsspielräume mit Versorgern besser zu nutzen.


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Auch private Haushalte profitieren von einem Systemwechsel: Der schnellere Wechsel und ungebundene Tarife können die Energiekosten direkt spürbar senken. Darüber hinaus bieten Photovoltaikanlagen in Verbindung mit Batteriespeichern eine attraktive Möglichkeits, den Eigenverbrauch zu erhöhen und die Abhängigkeit vom externen Strommarkt zu reduzieren. Aktuelle Förderprogramme erleichtern die Investition in Speichertechnologie erheblich und verbessern die Wirtschaftlichkeit.

Fazit – Realität hinter dem politischen Versprechen

Die staatlich unterstützte Netzentgeltabsenkung ist ein Schritt in die richtige Richtung, der aber die komplexen Marktstrukturen und Vertragssituationen nicht einfach überlagert. Sowohl private Verbraucher als auch Geschäftskunden müssen damit rechnen, dass die direkte Auswirkung auf den Strompreis begrenzt bleibt.


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Ein aktives Management der Energiekosten, flexible Vertragsgestaltung, Nutzung von Förderprogrammen und Investitionen in Eigenstromerzeugung sind entscheidende Hebel, um die eigene Stromkostenentwicklung nachhaltig zu beeinflussen. Die energiepolitische Debatte verdeutlicht, dass technische und marktliche Realitäten zwar nicht sofort für eine große Entlastung sorgen – langfristig aber durch gezielte Maßnahmen Verbesserungen möglich sind.

FAQ zur thematischen Ergänzung

Kann die Senkung der Netzentgelte die Strompreise für Unternehmen und Haushalte automatisch reduzieren?

Nein. Obwohl die Netzentgelte einen bedeutenden Teil des Strompreises ausmachen, sind sie nur ein Kostenbestandteil. Zudem sind die regionalen Verteilnetzbetreiber nicht verpflichtet, die durch den Staat gesunkenen Netzentgelte vollständig an Endkunden weiterzugeben. Außerdem wirken weitere Preistreiber wie Energieeinkaufskosten und CO₂-Bepreisung gegen eine spürbare Reduktion.

Warum variieren die Auswirkungen der Netzentgeltentlastung geografisch so stark?

Die Höhe der Netzentgelte hängt wesentlich von der regionalen Netzinfrastruktur ab. Regionen mit hohem Anteil an Eigenstromerzeugung (z. B. Photovoltaik, Windkraft) benötigen weniger Strom aus dem überregionalen Netz und zahlen geringere Netzentgelte. Dort fällt die staatliche Entlastung entsprechend geringer aus, weil weniger Netzentgelte insgesamt anfallen.

Wie wirkt sich die EU-Emissionshandelssystemreform ETS 2 auf die Strompreise aus?

ETS 2 weitet ab 2027 die CO₂-Bepreisung auf Gebäude und Verkehr aus, was die Gesamtemissionskosten erhöht. Diese Mehraufwendungen schlagen sich in den Gaskosten und damit in den Börsenstrompreisen nieder und führen tendenziell zu steigenden Strompreisen trotz Netzentgeltentschärfung.

Wie beeinflussen langfristige Stromverträge die Weitergabe von Netzentgeltentlastungen?

Viele Unternehmen und Haushalte verfügen über Verträge mit Preisgarantien oder Mindestlaufzeiten. Diese Regulierungen begrenzen kurzfristige Preisanpassungen und verzögern die Weitergabe von Kostenvorteilen an Endkunden, selbst wenn die Netzentgelte günstiger werden.

Welche Rolle spielen regionale Verteilnetzbetreiber (VNB) bei der Strompreisgestaltung?

Die VNB setzen die Netzentgelte für die jeweiligen Versorgungsgebiete fest und sind die direkten Ansprechpartner der Endkunden. Da sie nur vereinzelt verpflichtet sind, staatliche Entlastungen weiterzugeben, kann die Entlastung in der Praxis stark von Netzgebiet zu Netzgebiet variieren.

Wie können Unternehmen und private Haushalte trotz der geringeren Netzentgeltentlastung Kosten sparen?

Wichtig sind regelmäßige Tarifvergleiche und die Nutzung des seit 2025 möglichen 24-Stunden-Stromanbieterwechsels. Zudem fördern Investitionen in Photovoltaik-Anlagen und Stromspeicher die Eigenstromnutzung und senken langfristig die Abhängigkeit von volatilen Marktpreisen.

Warum gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, die Netzentgeltentlastung an Verbraucher weiterzugeben?

Gesetzgeber setzen vor allem auf freiwillige Zusagen der Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber. Eingriffe in Vertragsverhältnisse der Stromanbieter werden vermieden, um Marktdynamik nicht zu stark einzuschränken. Dies führt jedoch zu Unsicherheiten bei der konkreten Weitergabe an Endverbraucher.

Welche Besonderheiten gelten für energieintensive Unternehmen im Rahmen der Strompreis-Entlastung?

Energieintensive Betriebe profitieren 2026 zusätzlich von der dauerhaft gesenkten Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß. Diese Maßnahme erleichtert die Kostenstruktur und Wettbewerbsfähigkeit, gilt jedoch nicht für kleine und mittlere Unternehmen oder Haushalte.

Wie wirkt sich die Netzentgeltentlastung auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus?

Theoretisch kann eine geringere Netzentgeltbelastung die Energiekosten reduzieren und so die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. In der Praxis sind die Effekte abhängig von der Weitergabe in den Vertragskonditionen und müssen zusammen mit anderen Energieeffizienzmaßnahmen betrachtet werden.

energiefahrer.de

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