Börsenstrompreise sinken, bleiben aber über dem Vorkriegsniveau
Die Preise an den Strombörsen sind rückläufig, jedoch weiterhin höher als vor der Energiekrise. Im Vergleich zu den Jahren vor 2021 sind die aktuellen Preise durchschnittlich um 15 bis 20 Prozent höher, was vor allem durch die anhaltend hohen Gaspreise beeinflusst wird. Dies zeigt der neue „Renewables Power Market Report 2025“ von Enervis. Besonders auffällig sind die sinkenden Capture Rates für Photovoltaikanlagen in Europa, während der Strommarkt zunehmend Stunden mit negativen Preisen verzeichnet.
Erneuerbare Energien dominieren den Strommix
Photovoltaik und Windkraft haben sich europaweit als die wichtigsten Stromquellen etabliert und fossile Kraftwerke verdrängt. Die Analysten von Enervis haben die Konsequenzen dieser Veränderung untersucht und festgestellt, dass die durchschnittlichen Börsenstrompreise im Vergleich zu 2023 gesunken sind. Dennoch liegen sie über dem Niveau der Vorkriegsjahre, was insbesondere auf hohe Gaspreise zurückzuführen ist.
Rückgang der Erlöse für Photovoltaikanlagen durch Kannibalisierungseffekte
Die zunehmende Einspeisung von Solarstrom hat in vielen Ländern zu einem Preisverfall geführt, der als Kannibalisierungseffekt bezeichnet wird. Dieser tritt auf, wenn das Angebot von Solarstrom in bestimmten Zeiträumen, insbesondere zur Mittagszeit, das Stromnetz überlastet und die Preise dadurch sinken oder sogar negativ werden. In Deutschland kommt es an sonnigen Tagen regelmäßig zu solchen Phasen, in denen Betreiber entweder nur sehr geringe oder gar keine Einnahmen erzielen.
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Ein klassisches Beispiel ist die Mittagszeit an Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung, wenn die Stromproduktion aus Photovoltaik-Anlagen ihren Höchststand erreicht. Da die Nachfrage in diesen Stunden nicht entsprechend steigt, führt das Überangebot zu einem Preisverfall. In Deutschland lag der Capture-Preis für Photovoltaik im Jahr 2024 bei 47 Euro pro Megawattstunde, was zwar über den Werten einiger anderer europäischer Länder liegt, aber dennoch eine erhebliche wirtschaftliche Herausforderung darstellt. Betreiber müssen sich verstärkt mit Maßnahmen zur Optimierung der Einspeisung beschäftigen, etwa durch Speicherlösungen oder eine direkte Nutzung des erzeugten Stroms vor Ort.
Negative Börsenstrompreise und ihre Folgen für die Photovoltaikbranche
Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen ist die steigende Anzahl an Stunden mit negativen Strompreisen. Während in Spanien erstmals negative Preisstunden verzeichnet wurden, haben Deutschland und die Niederlande im Jahr 2024 die höchste Anzahl an negativen Preisstunden erlebt.
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Diese Entwicklung beeinflusst den Markt für Power Purchase Agreements (PPA) erheblich, da Abnehmer verstärkt Risiken minimieren möchten, was dazu führt, dass die zu erwartenden PPA-Preise für Erzeuger unter Druck geraten.
Wie stark sind Photovoltaik-Betreiber von negativen Preisen betroffen?
Die Enervis-Analyse zeigt, dass etwa 20 Prozent der gesamten Photovoltaik-Erzeugung in Deutschland 2024 von negativen Strompreisen betroffen war. Gemäß der EEG-Förderregelung wird für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden mit negativen Preisen keine Einspeisevergütung gezahlt.
Diese Regelung wirkte sich auf 16 Prozent der erzeugten Photovoltaik-Leistung aus. Zum Vergleich: Bei der Windkraft waren nur sechs Prozent der erzeugten Strommenge betroffen.
Lösungen: Speichertechnologien und Flexibilität im Stromnetz
Um die Auswirkungen negativer Preise zu minimieren, sind leistungsfähige Speichertechnologien und flexiblere Netzinfrastrukturen notwendig. Länder wie die USA und China setzen verstärkt auf große Batteriespeicher, um Solarstrom effizient zu speichern und in Zeiten hoher Nachfrage ins Netz einzuspeisen.
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In Deutschland hingegen wächst die Speicherleistung langsamer als der Ausbau erneuerbarer Energien, was die Integration von Solarstrom erschwert. Fortschrittliche Ansätze wie bidirektionale Ladesysteme für Elektrofahrzeuge oder netzdienliche Batteriespeicher könnten helfen, die Stromnetze flexibler zu gestalten und den wirtschaftlichen Wert von Photovoltaikstrom zu stabilisieren.
Ausbau von PV und Wind läuft – Integration muss sich verbessern
Allerdings erfolgt der Ausbau nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Zubau von Photovoltaik und Windkraft. Bis 2030 erwartet Enervis einen Ausbau erneuerbarer Energien um 390 Gigawatt, während die Speicherleistung nur um 93 Gigawatt steigen soll. Dies erschwert die Integration von Photovoltaik in die Mittagsstunden und erhöht das Risiko negativer Preise.
Preisvolatilität und saisonale Schwankungen nehmen zu
Die Studie prognostiziert eine anhaltend hohe Preisvolatilität mit sowohl Phasen niedriger als auch stark erhöhter Preise. Während im Frühjahr 2024 die hohe Einspeisung erneuerbarer Energien zu den niedrigsten Strompreisen der letzten drei Jahre führte, sorgten Dunkelflauten in den Wintermonaten November und Dezember für einen deutlichen Anstieg der Preise.
Capture Rates für Photovoltaik: Deutschland auf dem Tiefpunkt
Eine der zentralen Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen ist die Capture Rate, die das Verhältnis der erzielten Erlöse zum durchschnittlichen Börsenstrompreis misst.
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Deutschland wies 2024 mit 59 Prozent die niedrigste Capture Rate in Europa auf. Höhere Werte erzielten Großbritannien mit 90 Prozent, Italien mit 86 bis 89 Prozent und Finnland mit 86 Prozent.
Grenzüberschreitende Kannibalisierung in Südosteuropa
Ein weiteres Problem ist die grenzüberschreitende Kannibalisierung von Photovoltaikstrom, auch cross-border cannibalisation genannt. Besonders stark betroffen sind Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Rumänien. Durch den Export großer Strommengen aus Deutschland sinkt dort die Capture Rate auf 63 bis 66 Prozent. Die Analyse zeigt, dass Länder mit geringem Photovoltaik-Anteil besonders von diesen Effekten betroffen sind.
Fazit: Herausforderungen und Chancen für die Photovoltaikbranche
Die steigende Bedeutung erneuerbarer Energien bringt neue Herausforderungen für den Strommarkt mit sich. Negative Preise, sinkende Capture Rates und Kannibalisierungseffekte stellen Photovoltaik-Betreiber vor wirtschaftliche Unsicherheiten.
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Gleichzeitig ergeben sich Chancen durch Speicherlösungen und flexible Netzintegration, die langfristig die Marktstabilität erhöhen können.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Entwicklung des Strommarkts und Photovoltaik
Warum sinkt die Capture Rate für Photovoltaik in Deutschland so stark?
Die Capture Rate sinkt, weil der steigende Anteil von Solarstrom im Netz die Marktpreise drückt, insbesondere zur Mittagszeit mit hoher Einspeisung. Da erneuerbare Energien vorrangig genutzt werden, konkurrieren Photovoltaik-Anlagen miteinander, wodurch der Marktwert von Solarstrom sinkt. Zudem führen Netzauslastungen und begrenzte Speicheroptionen zu einem Wertverlust der erzeugten Energie.
Wie beeinflussen negative Strompreise langfristig den PV-Markt?
Negative Preise bedeuten, dass Produzenten für die Einspeisung bezahlen müssen. Langfristig könnte dies Investitionen in Photovoltaik gefährden, wenn keine wirtschaftlichen Lösungen wie Speicher oder flexible Abnahmeverträge (PPAs) zur Verfügung stehen. Betreiber könnten sich stärker auf Direktverbrauch oder netzunabhängige Systeme fokussieren.
Welche Strategien können Betreiber nutzen, um Kannibalisierungseffekte zu minimieren?
Eine Lösung ist der Einsatz intelligenter Speicher, um Strom gezielt zu speichern und zu Zeiten höherer Nachfrage einzuspeisen. Flexible Vermarktungsmodelle, beispielsweise dynamische Stromtarife oder PPAs mit variablen Preisen, können ebenfalls helfen. Zudem gewinnen Hybridanlagen mit Kombinationen aus Solar- und Windkraft an Bedeutung, da sie unterschiedliche Erzeugungszeiten nutzen.
Wie könnten Speichertechnologien den wirtschaftlichen Druck auf PV-Anlagen verringern?
Speicher ermöglichen es, Strom nicht sofort ins Netz einzuspeisen, sondern in Hochpreiszeiten zu verkaufen. Großbatterien oder bidirektionale Ladesysteme für Elektrofahrzeuge können Netzüberlastungen verhindern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik steigern. Langfristig könnte der Ausbau der Wasserstoffspeicherung eine weitere Alternative sein.
Warum unterscheiden sich die Capture Rates in europäischen Ländern so stark?
Unterschiede in den Capture Rates hängen von der Marktdurchdringung der Photovoltaik, den Netzausbaukapazitäten und den bestehenden Speicherlösungen ab. Länder mit hoher PV-Integration und schwacher Netzinfrastruktur, wie Deutschland oder die Niederlande, haben niedrigere Capture Rates als Länder mit stärker regulierten Marktmechanismen oder besseren Speichermöglichkeiten, wie Großbritannien oder Italien.
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