Negative Strompreise 2025: Unternehmen kassieren Geld

Negative Strompreise 2025: Unternehmen kassieren Geld

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von Harald M. Depta

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Deutschland verzeichnete 2024 einen Rekord von 457 Stunden mit negativen Strompreisen an der EPEX Spot Börse. Das bedeutet: Stromverbraucher erhielten Geld für ihre Energieabnahme statt zu bezahlen. Was zunächst paradox erscheint, folgt klassischen Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage. Seit 2025 müssen alle Stromversorger dynamische Stromtarife anbieten. Diese geben Börsenschwankungen direkt an Verbraucher weiter. Während die Verbraucherzentrale vor Risiken für Privathaushalte warnt, eröffnen sich für Unternehmen mit flexiblen Produktionsprozessen erhebliche Geschäftschancen. Smart Meter als technische Voraussetzung, Vehicle-to-Grid-Technologie und intelligente Energiemanagementsysteme verwandeln energieintensive Betriebe zu aktiven Marktteilnehmern. Praxisbeispiele zeigen: Investitionen in Flexibilität amortisieren sich binnen weniger Jahre. Die Energiewende wird vom Kostenfaktor zum strategischen Wettbewerbsvorteil.

Deutschland erlebt einen großen Wandel im Strommarkt, und 2024 wurden 457 Stunden mit negativen Strompreisen gemessen. Das bedeutet: Stromverbraucher erhielten Geld für ihre Energie, während sie normalerweise bezahlen müssen. Was zunächst seltsam klingt, folgt aber einfachen Marktregeln. Genau wie alte Lebensmittel am Abend verschenkt werden, entstehen negative Strompreise durch zu viel Angebot und wenig Nachfrage. Für deutsche Unternehmen eröffnen sich dadurch völlig neue Chancen.

Negative Strompreise erklärt: Wenn zu viel Angebot den Markt dreht

Negative Strompreise an der EPEX Spot Börse entstehen nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage, aber der deutsche Energiemarkt zeigte am 12. Mai 2024 seine neue Seite sehr deutlich. Zwischen 13 und 15 Uhr fiel der Börsenstrompreis auf minus 135 Euro pro Megawattstunde, während im laufenden Handel die Preise sogar minus 2.000 Euro pro Megawattstunde erreichten.


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Diese krassen Preise haben feste Gründe, denn deutsche Solaranlagen produzierten an jenem Sonntag 44 Gigawatt Leistung. Gleichzeitig war der Stromverbrauch am Feiertag sehr gering, während alte Kraftwerke nicht schnell genug abgeschaltet werden können. Zudem speisen Wind und Sonne wetterabhängig ein, weshalb zu viel Angebot zu starken Preiseinbrüchen führt.

Die Zahl der negativen Strompreise steigt stetig, denn 2019 hatte Deutschland 146 Stunden mit negativen Preisen. 2023 waren es bereits 301 Stunden, während 2024 sogar 457 Stunden erreicht wurden. Diese Entwicklung kommt durch den starken Ausbau von Wind und Solar, wobei Deutschland Solaranlagen mit über 80 Gigawatt Leistung hat. Windkraftanlagen erreichen etwa 60 Gigawatt, was das Überangebot verstärkt.

Flexible Stromtarife: Der direkte Weg zu Börsenpreisen

Seit Januar 2025 müssen alle deutschen Stromversorger flexible Stromtarife anbieten, und diese Tarife geben stündliche Preise direkt an Verbraucher weiter. Während normale Stromtarife einen festen Preis für 12-24 Monate haben, ändern sich flexible Tarife stündlich nach dem EPEX Spot Markt, wobei Unternehmen dadurch neue Chancen erhalten.


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Der ostdeutsche Energieversorger EnviaM lieferte bereits einen Vorgeschmack. Kunden seines flexiblen Tarifs „Mein Strom Vision“ erhielten am 11. Mai 2024 zwischen 12 und 15 Uhr 11,4 Cent für jede verbrauchte Kilowattstunde. Dieser Betrag ist bereits um alle Steuern, Gebühren und Netzkosten bereinigt.


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Für Betriebe mit hohem Stromverbrauch entstehen dadurch völlig neue Möglichkeiten, denn ein Aluminiumhersteller kann seine Anlagen bei negativen Preisen stärker betreiben. Rechenzentren können schwere Berechnungen in Phasen günstiger Preise verlegen, während Kühlanlagen bei negativen Preisen mehr Kälte produzieren und speichern können.

Bei energiefahrer.de schauen wir uns diese Marktentwicklungen genau an. Unsere Erfahrung zeigt: Erfolgreiche Unternehmen sehen Flexibilität als wichtigen Baustein. Sie entwickeln passende Geschäftsmodelle und investieren in die nötige Technik.

Smart Meter als technische Basis für Flexibilität

Die Nutzung flexibler Stromtarife braucht intelligente Messsysteme. Diese Smart Meter messen den Stromverbrauch alle 15 Minuten. Sie senden die Daten täglich automatisch. Seit 2025 müssen Unternehmen mit über 6.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch Smart Meter haben.


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Diese Investition zahlt sich durch bessere Energiekosten schnell aus. Moderne Systeme gehen noch weiter. Sie sagen Börsenpreise vorher basierend auf Wetter und Verbrauch. Automatisch steuern sie große Verbraucher entsprechend.

Ein Betrieb aus Bayern installierte einen 500-kWh-Batteriespeicher. Bei negativen Preisen wird dieser geladen. Bei hohen Preisen speist er Strom ins Netz ein. Die Investition von 200.000 Euro zahlte sich binnen drei Jahren aus. Weniger Stromkosten und Erlöse aus der Netzeinspeisung machten dies möglich.

Warum die Verbraucherzentrale nur teilweise recht hat

Die Verbraucherzentrale warnt vor flexiblen Stromtarifen. Für normale Haushalte überwiege das Risiko steigender Preise die Vorteile. Diese Sicht ist grundsätzlich richtig für Privathaushalte. Sie haben wenige Möglichkeiten zur zeitlichen Verschiebung ihres Stromverbrauchs.


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Diese pauschale Sicht greift jedoch für Unternehmen zu kurz, da Betriebe mit flexiblen Produktionen erheblich profitieren können. Ein Maschinenbauer aus dem Schwarzwald zeigt dies sehr gut, während er gleichzeitig beweist, dass sich Investitionen lohnen.

Das Unternehmen stellt Präzisionsteile für die Autoindustrie her. Früher lief die Produktion in normalen Tagschichten. Die Einführung eines flexiblen Stromtarifs änderte die gesamte Produktionsplanung. Heute werden schwere Arbeitsschritte mit hohem Energieverbrauch bevorzugt in Phasen negativer Preise durchgeführt.


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Zusätzlich installierte das Unternehmen eine 100-kW-Solaranlage mit einem 200-kWh-Batteriespeicher. Bei negativen Preisen wird der Speicher mit Netzstrom geladen. Bei hohen Preisen erfolgt die Einspeisung. Diese Kombination senkte die Stromkosten um 40 Prozent. Zusätzliche Erlöse von etwa 15.000 Euro jährlich entstehen.

EEG Reform: Neue Regeln zeigen Wirkung

Die Politik reagierte auf zunehmende Marktprobleme. Mit der EEG Reform 2023 wurde eine schärfere Regelung für negative Preise eingeführt. Wind- und Solaranlagen, die nach dem 1. Januar 2023 in Betrieb gingen, erhalten bei negativen Preisen ab einer bestimmten Stundenzahl keine Förderung mehr.


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2024 und 2025 gilt diese Regelung bei mindestens drei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen. Die Schwelle sinkt auf zwei Stunden in 2026. Ab 2027 gilt sie bereits bei einer Stunde. Diese Verschärfung soll Anreize für marktorientiertes Verhalten schaffen.

Von den 457 Stunden mit negativen Preisen in 2024 fielen 426 Stunden unter die Drei-Stunden-Regel. Für diese wurde keine EEG Förderung gezahlt. Dennoch arbeiten weiterhin 72,4 Prozent der deutschen Solaranlagen völlig marktunabhängig. Bei Windanlagen sind es 65,5 Prozent. Sie erhalten eine feste Vergütung ohne Marktanreize.

Neue Geschäftsmodelle: Von Last zu Dienstleistung

Negative Strompreise schaffen völlig neue Geschäftsmodelle. Unternehmen entdecken ihre Flexibilität als handelbare Dienstleistung. Ein Autohersteller in Baden-Württemberg passte seine Lackierstraße an die Börsenpreise an. Bei negativen Preisen werden mehr Fahrzeuge lackiert. Bei hohen Preisen wird die Produktion gedrosselt.


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Noch weiter geht ein Logistikunternehmen aus Nordrhein-Westfalen. Es nutzt seine E-Fahrzeugflotte als mobiles Speicherkraftwerk. Die Fahrzeuge werden bei negativen Preisen geladen. Bei hohen Preisen speisen sie über Vehicle-to-Grid-Technik Strom ins Netz zurück. Zusätzliche Erlöse entstehen durch Bereitstellung von Regelenergie zur Netzstabilisierung.


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Rechenzentren wurden zu Vorreitern flexibler Energienutzung. Sie verlegen schwere Berechnungen wie Machine Learning Training in Phasen günstiger Preise. Backup-Prozesse und Datensicherung erfolgen automatisch bei negativen Preisen. Cloud-Anbieter passen ihre Rechenzentren an regionale Strompreise an. Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent sind möglich.

Vehicle-to-Grid: E-Flotten als mobile Kraftwerke

Die E-Mobilität wird zum wichtigsten Flexibilitätsfaktor. Moderne E-Fahrzeuge können Strom aufnehmen und wieder ins Netz einspeisen. Diese Vehicle-to-Grid-Technik verwandelt Unternehmensflotten in mobile Speicherkraftwerke.


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Ein Paketdienst aus Hamburg testete diese Technik mit 50 E-Fahrzeugen. Jedes Fahrzeug hat eine 75-kWh-Batterie. Die Gesamtflotte hat eine Speicherkapazität von 3,75 Megawattstunden. Bei negativen Preisen werden die Fahrzeuge geladen. Bei hohen Preisen speisen sie Strom ins Netz ein. Der Test erzielte zusätzliche Erlöse von 80.000 Euro im ersten Jahr.


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Ein KI-System analysiert Fahrpläne, Wettervorhersagen und Börsenpreise. Automatisch optimiert es die Batterieladung. Dabei wird sichergestellt, dass Fahrzeuge für geplante Touren ausreichend geladen sind. Diese Technik wird sich stark weiterentwickeln und neue Geschäftsmodelle ermöglichen.

Marktausblick: Wandel beschleunigt sich bis 2030

Die Zahl negativer Strompreise wird weiter steigen. Bis 2030 plant Deutschland den Ausbau der Solarenergie auf 215 Gigawatt. Die Windenergie soll auf 115 Gigawatt ausgebaut werden. Gleichzeitig werden alte Kraftwerke nach und nach stillgelegt. Diese Entwicklung verstärkt die Preisschwankungen im Strommarkt erheblich.

Parallel sinken die Kosten für Speichertechnik stetig. Batteriespeicher kosten heute etwa 300 Euro pro Kilowattstunde. Bis 2030 werden sie auf unter 100 Euro fallen. Diese Kostensenkung macht flexible Energienutzung auch für kleinere Unternehmen attraktiv.


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Neue Techniken wie Power-to-X schaffen zusätzliche Flexibilitätsoptionen. Elektrolyseure können bei negativen Preisen Wasserstoff produzieren und dabei Geld verdienen. Synthetische Kraftstoffe entstehen in Phasen günstiger Strompreise. Diese Sektorkopplung verändert die Energiewirtschaft grundlegend.

Strategische Handlungsempfehlungen für deutsche Unternehmen

Die erfolgreiche Nutzung negativer Strompreise braucht eine ganzheitliche Energiestrategie. Unternehmen müssen ihre Produktionsprozesse analysieren und Flexibilitätspotenziale finden. Dabei geht es nicht nur um technische Lösungen. Organisatorische Anpassungen in Personalplanung und Produktionssteuerung sind erforderlich.


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Wichtig ist die frühzeitige Auseinandersetzung mit neuen Marktmechanismen. Wer heute die Weichen stellt, verschafft sich nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Investitionen in Smart Meter Infrastruktur, Speichertechnik und Energiemanagement zahlen sich bei steigenden Preisschwankungen überproportional aus.


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Bei energiefahrer.de schauen wir uns diese Entwicklungen intensiv an. Wir bewerten laufend neue Techniken hinsichtlich Marktreife und Wirtschaftlichkeit. Unsere Prognose: Unternehmen, die heute in Flexibilität investieren, werden morgen die Gewinner des Energiemarkts sein.

Rechtliche Rahmen und Compliance beachten

Die Teilnahme an flexiblen Stromtarifen erfordert Beachtung verschiedener rechtlicher Vorgaben. Das Energiewirtschaftsgesetz definiert klare Anforderungen an intelligente Messsysteme und Datenschutz. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Systeme den technischen Richtlinien der Bundesnetzagentur entsprechen.


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Besondere Aufmerksamkeit verdient die Versteuerung von Erlösen aus Stromhandel und Netzdienstleistungen. Diese gelten als Betriebseinnahmen und unterliegen der regulären Besteuerung. Gleichzeitig können Investitionen in Energieeffizienz und Speichertechnik steuerlich gefördert werden.

Arbeitsrechtliche Aspekte spielen ebenfalls eine Rolle. Flexible Produktionszeiten können Anpassungen in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen erforderlich machen. Gesetzliche Vorgaben zu Arbeitszeiten und Ruhepausen müssen beachtet werden. Erfolgreiche Unternehmen binden ihre Mitarbeiter frühzeitig in die Veränderung ein.

Fazit: Negative Preise als strategische Chance verstehen

Negative Strompreise sind kein Systemfehler, sondern logisches Resultat marktwirtschaftlicher Mechanismen. Sie zeigen grundlegende Veränderungen und schaffen neue Geschäftsmodelle. Die pauschale Kritik der Verbraucherzentrale an flexiblen Tarifen mag für Privathaushalte berechtigt sein. Für Unternehmen greift sie zu kurz.


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Betriebe mit flexiblen Produktionsprozessen können erheblich von der neuen Marktdynamik profitieren. Wichtig ist die strategische Herangehensweise und die Bereitschaft, etablierte Betriebsabläufe zu hinterfragen. Die 457 Stunden negativer Preise in 2024 markieren erst den Beginn einer neuen Ära.

Unternehmen, die heute in Flexibilität und intelligente Energienutzung investieren, werden morgen die Gewinner des Energiemarkts sein. Dabei geht es nicht nur um Kosteneinsparungen, sondern es entstehen völlig neue Erlösquellen durch aktive Marktpartizipation. Wer die Energiewende als Chance begreift, verwandelt rechtliche Herausforderungen in strategische Vorteile, während er gleichzeitig von den Marktmechanismen profitiert.

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