Klimaneutrale Verbrennungsmotoren: Eine Utopie?
Die Idee, herkömmliche Verbrennungsmotoren klimaneutral zu betreiben, beflügelt die Fantasie. Doch die Realität sieht komplexer aus. Experten haben sich intensiv mit den Möglichkeiten und Grenzen alternativer Kraftstoffe auseinandergesetzt, um ein fundiertes Bild der Lage zu zeichnen. Eine aktuelle Metastudie wirft jedoch ein kritisches Licht auf den Einsatz von E-Fuels in Personenkraftwagen.
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Die von der Denkfabrik Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland erstellte Analyse kommt zu dem Schluss, dass synthetische Kraftstoffe aufgrund hoher Produktionskosten, begrenzter Verfügbarkeit und ineffizienter Nutzung keine praktikable Alternative zum Ausstieg aus Verbrennungsmotoren darstellen. Die Klima-Allianz plädiert stattdessen für eine konsequente Förderung der Elektromobilität und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
Die Metastudie: Eine umfassende Analyse zum Thema E-Fuels
Die Metastudie dient dazu, den aktuellen Wissensstand zu einem bestimmten Thema systematisch zusammenzufassen und zu bewerten. Im vorliegenden Fall hat das FÖS eine Vielzahl von Studien und Erkenntnissen analysiert, um eine fundierte Einschätzung der Potenziale und Herausforderungen von E-Fuels zu geben.Die Analyse berücksichtigt unter anderem Ergebnisse des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC), des Bundesministeriums für Umwelt (BMUV), des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) und der Internationalen Energieagentur (IEA).
Ein zentrales Ergebnis der Metastudie ist, dass selbst bei großzügigen staatlichen Subventionen bis zum Jahr 2035 nicht genügend E-Fuels produziert werden können, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Die Studie prognostiziert, dass der europäische Pkw-Bestand bis 2045 nahezu vollständig elektrifiziert sein wird, während Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden, nur eine marginale Rolle spielen werden.
E-Fuels: Eine „Fata Morgana“ für PKW-Fahrer?
„Wer das europäische Verbrenner-Aus infrage stellt, führt Autokäufer in die Irre“, mahnt Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz. Sie bezeichnet E-Fuels im Pkw-Bereich als eine „Fata Morgana“, also als eine Illusion ohne reale Grundlage, und betont, dass sie keine echte Alternative zu Elektroautos darstellen.Die Metastudie verdeutlicht die Ineffizienz von E-Fuels: Mit der Energie, die 150 Windkraftanlagen erzeugen, könnten 240.000 Elektroautos betrieben werden, aber nur 37.500 Verbrenner mit E-Fuels.
„Mit derselben Strommenge könnten also mehr als sechsmal so viele Fahrzeuge elektrisch betrieben werden“, erklärt Matthias Runkel, Leiter Verkehrs- und Finanzpolitik beim FÖS und Autor der Studie.Darüber hinaus sind Elektroautos deutlich klimafreundlicher. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus, verursachen sie 40 bis 50 Prozent weniger CO₂-Emissionen als Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden.
E-Fuels: Unverzichtbar für Luft- und Schiffsverkehr
Die Experten betonen, dass E-Fuels dennoch eine wichtige Rolle spielen werden – allerdings in anderen Bereichen. Die knappen Ressourcen sollten vor allem für Sektoren wie den Luft- und Schiffsverkehr eingesetzt werden, die nur schwer zu elektrifizieren sind. Hier sind E-Fuels „unverzichtbar“, um die Klimaziele zu erreichen.Die EU hat bereits Mindestquoten für diese Kraftstoffe in diesen Sektoren beschlossen, um die Produktion anzukurbeln. Bisher ist die Produktion jedoch noch nicht in Gang gekommen.
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In Deutschland müssen Fluggesellschaften ab dem kommenden Jahr 0,5 Prozent E-Kerosin in ihre Tanks mischen. Die Bundesregierung wollte diese Pflicht eigentlich wieder abschaffen, konnte die dafür notwendige Gesetzesänderung aber nicht durchsetzen.Die EU hatte 2023 beschlossen, dass ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein CO₂ ausstoßen. Dies schließt prinzipiell auch solche Kraftstoffe aus, außer für die bis dahin verkauften alten Verbrennerfahrzeuge.
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Auf Drängen der FDP hatte sich die Bundesregierung jedoch für Ausnahmen eingesetzt. Wie diese Ausnahmen aussehen könnten, ist noch unklar. Zuletzt zeigte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen offen dafür, das Regelwerk so zu überarbeiten, „dass E-Fuels eine Rolle spielen“. Die konservative Europäische Volkspartei fordert sogar, das Verbrenner-Aus komplett zu kippen.
FAQ zu E-Fuels
Was genau sind E-Fuels und wie unterscheiden sie sich von herkömmlichen Kraftstoffen? E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die mithilfe von erneuerbarem Strom, Wasser und Kohlendioxid (CO2) hergestellt werden. Im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen basieren sie nicht auf Erdöl und können potenziell klimaneutral sein, wenn der verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.
Wie läuft der Herstellungsprozess von E-Fuels im Detail ab? Der Prozess beginnt mit der Elektrolyse von Wasser, um Wasserstoff zu gewinnen. Dieser Wasserstoff wird dann mit CO2 aus der Atmosphäre oder industriellen Quellen in einem Syntheseprozess zu flüssigen Kohlenwasserstoffen umgewandelt. Dieser Prozess kann verschiedene Technologien wie die Fischer-Tropsch-Synthese nutzen.
Sind E-Fuels wirklich klimaneutral, und welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein? E-Fuels sind nur dann klimaneutral, wenn der für die Herstellung benötigte Strom vollständig aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Wasserkraft stammt. Zudem muss das verwendete CO2 aus der Atmosphäre entnommen oder aus nachhaltigen industriellen Prozessen gewonnen werden. Andernfalls können sie sogar eine schlechtere Klimabilanz haben als fossile Kraftstoffe.
In welchen Fahrzeugen können synthetische Kraftstoffe eingesetzt werden, und ist eine Anpassung der Motoren notwendig? E-Fuels können grundsätzlich in allen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, ohne dass größere Anpassungen an den Motoren erforderlich sind. Sie sind mit der bestehenden Tankstelleninfrastruktur kompatibel, was einen großen Vorteil darstellt.
Welche konkreten Vor- und Nachteile sind mit dem Einsatz von synthetischen Kraftstoffen verbunden? Vorteile sind die Nutzung vorhandener Infrastruktur, die potenzielle Klimaneutralität bei nachhaltiger Produktion und die Möglichkeit, bestehende Verbrennungsmotoren weiter zu nutzen. Nachteile sind der hohe Energiebedarf in der Herstellung, die geringere Energieeffizienz im Vergleich zu Elektroautos und die hohen Produktionskosten.
Wie umweltfreundlich sind synthetische Kraftstoffe im Vergleich zu anderen Antriebsarten, und welche Schadstoffe entstehen bei der Verbrennung? E-Fuels verbrennen in der Regel sauberer als fossile Kraftstoffe, stoßen aber dennoch Schadstoffe wie Stickoxide (NOx) und Feinstaub aus. Im Vergleich zu Elektroautos, die lokal emissionsfrei sind, haben E-Fuels also Nachteile. Die Umweltfreundlichkeit hängt stark von der Art der Stromerzeugung und der CO2-Quelle ab.
Werden E-Fuels staatlich gefördert, und welche Rolle spielen sie in den aktuellen politischen Strategien? Die Europäische Union setzt auf E-Fuels, insbesondere in Sektoren wie dem Flug- und Schiffsverkehr, wo eine Elektrifizierung schwierig ist. Es gibt Diskussionen über Ausnahmen für Verbrenner-Autos, die mit eFuels betrieben werden. Die staatliche Förderung und die politischen Rahmenbedingungen sind jedoch noch nicht abschließend festgelegt.
Sind E-Fuels eine zukunftsfähige Lösung für den Automobilsektor, oder gibt es bessere Alternativen? Diese alternativen Kraftstoffe könnten eine Rolle in einer diversifizierten Antriebsstrategie spielen, insbesondere als Übergangstechnologie oder für spezielle Anwendungen. Elektroautos sind jedoch derzeit in Bezug auf Effizienz und Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus betrachtet überlegen. Die langfristige Zukunft des Automobilsektors wird voraussichtlich von einer Kombination aus verschiedenen Technologien geprägt sein.