Ein Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie
Die Automobilindustrie befindet sich in einer Phase des Umbruchs, die durch die Verschiebung der Innovationskraft von West nach Ost gekennzeichnet ist. Laut dem AutomotiveInnovations Report 2023 des Center of Automotive Management (CAM) haben chinesische Hersteller erstmals eine höhere Innovationsstärke als ihre deutschen Pendants. Gleichzeitig steht Volkswagen, ein Gigant der Branche, vor einer Reihe von Herausforderungen, bleibt jedoch optimistisch. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob die etablierten europäischen Hersteller die Zeichen der Zeit erkannt haben oder ob sie Gefahr laufen, ein ähnliches Schicksal wie Nokia in der Mobiltelefonbranche zu erleiden. Klar ist: Der Boom bei Elektrofahrzeugen bleibt – zu spät sind europäische Hersteller aufgesprungen.
Chinas rasanter Aufstieg in der Automobiltechnologie
Chinesische Automobilhersteller haben in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht. Laut dem CAM-Report sind sie für 37% der gesamten Innovationskraft in der Automobilindustrie verantwortlich, während deutsche Hersteller nur 27% erreichen. Die Studie berücksichtigte 29 globale Automobilhersteller und etwa 90 Marken. Insgesamt wurden 788 Innovationen in den Bereichen elektrifizierter Antrieb, Sicherheitssysteme und autonomes Fahren, Interface & Connectivity sowie Connected Services bewertet. Diese Innovationen sind nicht nur quantitativ beeindruckend, sondern auch qualitativ hochwertig, was die kontinuierliche Verbesserung der chinesischen Automobilindustrie unterstreicht. Aber reicht das aus, um chinesischen Herstellern die Rücklichter zu zeigen?
Die Speerspitze der chinesischen Innovation
Unter den chinesischen Herstellern zeigten die Geely-Gruppe, SAIC und BYD die höchste Innovationsstärke. Diese Unternehmen haben nicht nur die Anzahl ihrer Innovationen erhöht, sondern auch deren Qualität. Besonders bemerkenswert ist ihre Leistung in den Bereichen Elektromobilität und Vernetzung. Sie bieten Modelle mit hohen Reichweiten und Ladeleistungen an und bringen neue Batterielösungen auf den Markt, die die Energieeffizienz und die Kosten der Elektrofahrzeuge verbessern.
Volkswagen: Selbstbewusst trotz Gegenwind
Volkswagen hat in jüngster Zeit einige Rückschläge erlebt, insbesondere in China, wo der Absatz der eigenen Elektroautos stagniert. Hinzu kommen Produktionsdrosselungen in Wolfsburg aufgrund fehlender Teile. Trotz dieser Herausforderungen gibt sich VW-Chef Oliver Blume selbstbewusst. Er betont, dass etablierte Hersteller wie Volkswagen weiterhin Vorteile haben: “Wir haben das Fahrzeug-Know-how, wir haben das Qualitätsniveau. Und wir haben ein Markenerbe. Das haben die Neuen nicht. Wir sehen uns daher gut positioniert.”
Realistisch oder überheblich? Der “Nokia-Effekt”
Oliver Blumes Aussagen könnten als selbstbewusst oder sogar als überheblich interpretiert werden. Die Frage ist, ob Volkswagen und andere etablierte Hersteller die rasante Entwicklung in der Automobilindustrie unterschätzen und Gefahr laufen, den sogenannten “Nokia-Effekt” zu erleben – das heißt, von disruptiven Akteuren überholt zu werden, weil sie sich auf ihren Lorbeeren ausruhen. Ähnlich verhält es sich längst mit der Euro 7 Norm der EU. Der Effekt bringt zu Tage, dass Technologieoffenheit ein grossen Nachteil bedeuten kann.
Kostendynamik: Ein zweischneidiges Schwert
Blume schätzt den Kostenvorteil bei der Autoherstellung in China gegenüber Deutschland auf rund 20 Prozent. Allerdings weist er darauf hin, dass hohe Umrüstungskosten und der Aufbau eines Vertriebsnetzes in Europa diese Vorteile zunichtemachen könnten. Darüber hinaus betont er, dass die Chinesen ihre Fahrzeuge in Europa zu deutlich höheren Preisen anbieten, was nicht nur mit den Kosten, sondern auch mit der höheren Kaufkraft in Europa zusammenhängt.
Zukünftige Herausforderungen und Strategien
Volkswagen plant, die Kosten durch die Einführung einer neuen Einheitszelle um bis zu 50 Prozent zu senken. Dies ist ein entscheidender Schritt, um wettbewerbsfähig zu bleiben, insbesondere da neue Akteure wie Xpeng den europäischen Markt betreten wollen. Xpeng und Volkswagen arbeiten bereits auf dem chinesischen Markt zusammen, was die Komplexität der globalen Wettbewerbslandschaft weiter erhöht. Auch bei der Konnektivität der Fahrzeuge, Einbindung von Smartphone und Mobilitätsformen scheinen die Chinesen deutlich innovativer. Denn künftig wird hier das Geld verdient. Der Versuch von BMW Hard Funktionen zu Geld zu machen ist zuletzt gescheitert.
Schlussfolgerung
Die Automobilindustrie ist in einem Zustand des Umbruchs, und sowohl neue als auch etablierte Akteure müssen sich anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Während chinesische Hersteller ihre Innovationskraft steigern, müssen Unternehmen wie Volkswagen ihre Strategien überdenken, um nicht den Anschluss zu verlieren.