Ein ethischer Algorithmus für autonome Autos
Eine Forschungsgruppe aus Deutschland hat einen innovativen Vorschlag für einen Algorithmus entwickelt, der das Verhalten von autonomen Autos in riskanten Situationen regelt. Dieser Algorithmus soll eine faire Verteilung des Risikos bei Unfällen ermöglichen und ist der erste ethische Algorithmus, der den Anforderungen einer EU-Expertengruppe entspricht. Die Herausforderungen sind gross, nicht nur technisch, sondern auch bei der Verkehrsführung in den Städten.
Die fünf Prinzipien des Algorithmus
Die Forscher schlagen vor, dass in gefährlichen Situationen fünf Prinzipien abgewogen werden sollten:
- das akzeptable Maximalrisiko eines Manövers
- den besonderen Schutz der potentiell schwer betroffenen Personen
- die Gleichbehandlung aller Menschen
- die Minimierung des Gesamtrisikos und
- die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer.
Die exakte Gewichtung dieser Prinzipien muss jedoch gesellschaftlich geklärt werden.
Die Veröffentlichung des Vorschlags
Der Algorithmus wurde in der aktuellen Ausgabe des Nature Machine Intelligence vorgestellt. Die Forschergruppe unter Leitung von Maximilian Geisslinger von der TU München betont, dass ein ethisches Verhalten von autonomen Fahrzeugen ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer breiten Nutzung auf den Straßen ist. Die Anwendbarkeit der Prinzipien wurde bei Tausenden Simulationen überprüft, aber es werden auch nicht zu lösende Schwächen aufgezeigt.
Trolley-Problem und autonomes Fahren
Claudia Brändle vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stellte zur Veröffentlichung eines Vorschlags zur Anwendung des Trolley-Problems im autonomen Fahren klar, dass die Idee nicht vollkommen neu ist. Sie bezieht sich auf bestehende Überlegungen zur moralischen Entscheidung, ob es ethisch vertretbar ist, einen Menschen zu opfern, um viele andere zu retten. Laut Brändle löst diese grundlegende Frage jedoch auch nicht, wenn man das Risiko für die Beteiligten anstatt den Schaden betrachtet. Sie hält die Einbeziehung der Verantwortung für das eigene Verhalten zwar für interessant, aber auch für nicht unproblematisch aufgrund möglicher schwerwiegender Konsequenzen.
Ortwin Renn vom Research Institute for Sustainability in Potsdam betonte, dass keine Konferenz zum autonomen Fahren aktuell stattfindet, ohne die Vorstellung eines Entscheidungsalgorithmus. Renn bezweifelt jedoch, dass die Einbeziehung Künstlicher Intelligenz die Dilemmata lösen kann und fragt, wie man vorgehen sollte, wenn es Widersprüche zwischen zwei Prinzipien gibt. Trotzdem hält er die Technik für fähig, das Problem transparenter und plastischer zu machen.
Renn sagte auch, dass die Einsatzfälle extrem unwahrscheinlich sind, obwohl die Forschung sich intensiv damit beschäftigt. Versicherungen wissen laut ihm von keinem einzigen konkreten Fall. Die nächsten Situationen, die hier herangezogen werden können, sind Fälle, in denen Menschen am Steuer jemandem ausweichen müssen, was sich jedoch aufgrund des Anschnallens als eindeutige Antwort erweist. Auch ein von den Forschern gezeigtes Beispiel stellt kein Dilemma dar, sondern handelt lediglich von einem riskanten Überholmanöver, das nach Abwägung der Prinzipien nicht durchgeführt wird.
Quelle: dpa