Das elektrische Fahrzeug hat die Automobilindustrie revolutioniert. Kein Zweifel: Der Allrounder ist gefragt, aber auch Anforderungen und Herausforderungen sind in aller Munde. Und während eine wachsende Anzahl von Menschen auf die neue Technologie umsteigt, stellen Langstreckenfahrten immer noch eine Herausforderung dar. Mit einem langstreckenfähigem Modell wird das heute kein grundsätzliches Problem mehr sein. Ich selbst kenne das auch nun über 10 Jahren Elektromobilität – dabei war meine längste Strecke bis an die Algarve in Portugal und zurück – fast 7000 km – voll elektrisch. Und das bereits in 2019. Auch deshalb wollte ich das mal anders machen.Vor kurzem habe ich mich auf ein solches Abenteuer begeben, eine Langstreckentour mit einem Elektro Smart, der zwar einen kleinen Akku, aber einen großen Bordlader hat. Wird das klappen?
Vom Sauerland nach Berlin: Der Beginn der Reise
Die Fahrt begann im Sauerland und führte über Land nach Grünheide bei Berlin zum Elektro-Mobilitätstag und wieder zurück in die Heimat. Obwohl die Reichweite dieses kleinen Stadtflitzer nur rund 150 Kilometer betrug, war ich optimistisch. Grundsätzlich ist klar. Das Modell eignet sich kaum für die Langstrecke, auch für die Autobahn ist das Fahrzeug wenig geeignet. Seine Vorteile kommen erst in der Stadt, über Land auf Alltagstouren zum Tragen. Aber: Das Wetter war warm und entspannt, und klar war auch, dass das Cabrio-Feeling die Fahrt zu einem angenehmen Erlebnis machen wird.
Unvorhergesehene Hindernisse: Die Herausforderungen beim Laden
Mein erster Ladestop war in Höxter, wo ich vorhatte, am Rathaus aufzuladen. Leider war die Station belegt, also fuhr ich zum Bahnhof. Trotz einiger Schwierigkeiten konnte ich das Fahrzeug endlich aufladen, aber nur mit 10,3 kW, obwohl die Station 22 kW für das Wechselstromladen ausgewiesen hatte. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Ladesäulen die versprochenen Leistungen liefern, was zu längeren Ladezeiten führt. Eine ehrliche Angabe der tatsächlichen Ladekapazitäten wäre hilfreich, um besser planen zu können. Von Anbietern kommen dazu kaum Aussagen, eher das Hin und Herschieben von Schuld und gerade mir wollte man bei Compleo unterstellen: Ich hab keine Ahnung oder eben ein schlechtes Fahrzeug.
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Die Suche nach Lösungen: Interaktion mit Ladesäulenanbietern und Fahrzeugherstellern
Es ist enttäuschend zu sehen, dass sich Ladesäulenhersteller und Anbieter die Verantwortung gegenseitig zuschieben, anstatt konstruktive Lösungen zu suchen. Die Nutzer sind in der Mitte gefangen, sie suchen nach Ladesicherheit und Zuverlässigkeit. Leider gibt es keine Möglichkeit, die Ladesäule nach Hersteller auszuwählen, was das Auffinden vertrauenswürdiger Ladesäulen erschweren kann. Die Auswahl beschränkt sich in der Regel auf Ladesäulenbetreiber und welche theoretische Ladeleistung man erhalten kann. Die Angabe welche Ladesäule dort aufgebaut ist erfährt man nicht. Es gibt wenige Anbieter, wo mögliche Bilder der Standorte Schlüsse ermöglichen. Die Angaben sind in der Regel allerdings lückenhaft.
Weiterhin auf der Straße: Die Reise geht weiter
Trotz der Herausforderungen blieb die Reise durchweg positiv. Von Höxter ging es weiter über Magdeburg nach Schöningen. Easy Ladeplatz, sofortiger Ladebeginn. Schönes Wetter, Zeit für eineKaffeepause. Weiter ging es Wiesenburg/Mark. Inmitten eines heftigen Regens, scheiterte ein erneuter Versuch, den Ladevorgang an einem P&R-Rastplatz zu starten. Lag es am Regen? Nein. Fahrzeug und Säulen zicken sich gegenseitig an. Dazu später mehr. Mit etwas Glück konnte ich eine andere Ladestation finden, bevor mein Akku leer war. Ziemlich leer, mit rund 3 % Restakku kam ich an der Station an. Das Laden startete sofort.
Ankommen in Grünheide: Die Entspannung nach der Anspannung
Nachdem ich voll aufgeladen hatte, erreichte ich endlich Grünheide und das Hotel am Werlsee. Am nächsten Tag startete der Elektro-Mobilitätstag. Es war eine sehr nette Veranstaltung, viele Diskussionen, Gespräche, mein Vortrag, ein Interview. Es gab Probefahrten mit verschiedenen Modellen und sogar das Wetter spielte mit. Ein kurzer heftiger Schauer, dann ging es weiter.
Die Heimreise: Ein Labyrinth von Ladeherausforderungen
Am nächsten Tag – Heimreise, ein weiterer prägnanter Moment. Obwohl ich es vorzog, nicht den gleichen Weg zurück zu nehmen, denn das wäre langweilig gewesen, war ich dennoch gezwungen, mit denselben Ladeherausforderungen zu kämpfen. Es führte mich über Bad Belzig, Köthen, Bad Frankhausen, Kassel und schließlich nach Hause ins Sauerland.
Doch schon in Bad Belzig machte mir ein “älteres Ladeschätzchen” vom selben Hersteller, den ich schon auf der Hinfahrt kennengelernt hatte, Probleme. Hier erlebte ich wieder eine Situation, die meine Geduld auf die Probe stellte: Trotz mehrmaligen Versuchen und sogar einem Anruf bei der Hotline, konnte das Problem nicht gelöst werden. Doch die Lösung lag in einer nahegelegenen Therme, die zwei Ladepunkte anbot. Zwar musste ich Eintritt bezahlen, aber während mein Smart aufgeladen wurde, konnte ich entspannt meine Füße im Wasser kühlen. Das war angenehm.
Die letzte Etappe: Ungeplante Hindernisse und das Erreichen des Ziels
Nachdem ich schließlich in Köthen und Bad Frankhausen problemlos laden konnte ging es nach Kassel. Der Weg dahin sehr schön zu fahren: Kurvige Straßen, hügelige Landschaften und das Gefühl der Freiheit in meinem Cabrio machten diese Reise trotz aller Hindernisse zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Ein letzter geplanter Ladestopp in Kassel bei Mercedes Benz sollte jedoch zu einem weiteren Hindernis werden. Trotz mehrfacher Ausweisung in verschiedenen Apps, waren die Ladestationen für Fremde unzugänglich. Hier stellte sich die Frage, ob solche “öffentlichen” Ladestationen wirklich öffentlich sind, wenn sie nicht von allen genutzt werden können, Beschränkungen den Zugang nicht ermöglichen. Warum stehen solche internen Säulen auf öffentlich für alle? Das darf nicht sein!
Zum Glück konnte ich auf meinen Plan B zurückgreifen: Ein befreundetes Unternehmen, mit Ladestationen von uns, dessen Backend wir führen wäre eine gute Lösung. Liegt auf dem Weg, macht unnötige Wege überflüssig. Ein Anruf und eine freundliche Erlaubnis später, konnte ich den letzten notwendigen Ladevorgang starten.
Voll geladen, der letzte Abschnitt. Heim ins Sauerland. Eine hügelige Landschaft, die eher bergab als bergauf ging, und das Gefühl, endlich fast zu Hause zu sein, rundete meine Reise ab.
Fazit: Eine Reise voller Erkenntnisse und Herausforderungen
Zusammengefasst war diese Langstreckentour mit meinem Elektro Smart ein Abenteuer voller Erkenntnisse und Herausforderungen. Die insgesamt 1256 Kilometer waren eine Mischung aus Fahrspaß, Ladepausen und teilweise frustrierenden Erlebnissen an Ladesäulen. Trotzdem würde ich diese Erfahrung nicht missen wollen. Die Probleme sind lösbar und um es ganz klar zu sagen: Der Elektro Smart hat kein CCS Anschluss – ist auch nicht nötig bei dem kleinen Akku. Mit dem starken Bordlader geht es gut, allerdings sollten die Anbieter auch ehrlich sein, wenn sie die Ladeleistung öffentlich ausweisen. Meistens klappt es, einige Betreiber tun es allerdings nicht. Klar ist auch. Was ich tat ist nicht der mögliche Alltag. Wenn man Langstrecke fahrt dann mit einem Fahrzeug das das kann. Ein Elektro Smart ist und bleibt ein genialer Stadtwagen – leider wird er nicht mehr gebaut.
Das Elektrofahrzeug und der Zickenkrieg an bestimmten Ladesäulen
Der Smart EQ hat (Lade)Technik von Renault – ein offenes Geheimnis. Was mir erst später in den Sinn kam: Die selbe Ladetechnik nutzen bestimmte Fahrzeuggenerationen des Renault ZOE – bekannt auch als „Ladezicke“. Das könnte also sein, dass diese Ladetechnik mit bestimmten Säulen des einen Herstellers nicht kompatibel ist. War es keine Compleo Säule ging es immer. Die ältere Generation der Säulen machte Probleme, bei neueren AC Modellen ging es gut.
Bitte mehr Qualität vor Quantität
Eine der wichtigsten Erkenntnisse meiner Reise war aber, dass viele Anbieter noch immer den Nutzer und seine Ladesicherheit außer Acht lassen. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Ladesäulen ist entscheidend für eine erfolgreiche E-Mobilitäts-Revolution. Wir müssen das viel gemeinschaftlicher denken – das passiert immer noch zu selten. Es geht um easy, funktional, ehrlich, Einfachheit. Für mich war es eine Bereicherung, aber ein ähnliches Experiment mit einem unerfahrenen eAuto Fahrer wäre vielleicht gescheitert.
Mein persönliches Fazit
Würde ich diese Reise noch einmal machen? Auf jeden Fall. Eine andere Strecke, eine andere Richtung – aber sonst? Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht immer wieder auch mal Testhalber was anders mache als andere. Die Erfahrung war und ist es wert. Die Kosten kann ich abschliessend noch nicht final bestimmen. Die Rechnungen kommen in der Regel zeit verzögert. Man kann sich erstmal selber die Frage stellen: Was würde der Kraftstoff für diese Strecke kosten? Mit Strom ist es günstiger – ganz sicher.